Keine Standard-Situation

Die Ruhr-Universität Bochum unterhält eine Kunsthalle. Zur zeitgenössischen Kunst gesellen sich jetzt afrikanische und ostasiatische Kunstobjekte vergangener Epochen. Doch leider finden sich nur wenige ZuschauerInnen ein – zu Unrecht

VON PETER ORTMANN

Schlichter grauer Beton und Kunst – die Architektur der Dauerausstellung von bedeutenden Werken der Gegenwartskunst hat von außen etwas Meditatives. Auch drinnen geht es in der Bochumer „Situation Kunst“ entspannt zu. Kinderjubel hallt etwa durch die raumfüllende Stahlskulptur von Richard Serra. Niemand stört das. Wieder mal und wie immer zu Unrecht ist die Kunstsammlung der Ruhr-Universität Bochum kaum besucht. Das Projekt kam zwischen 1988 und 1990 in Erinnerung an Max Imdahl zustande, den Gründungsordinarius des Kunstgeschichtlichen Institutes an der Ruhr-Uni.

Die Dauerausstellung umfasst raumintegrierte Kunstwerke der nordamerikanischen KünstlerInnen Maria Nordman, David Rabinowitch und Richard Serra sowie repräsentative Werkkomplexe der europäischen Künstler Gotthard Graubner, Norbert Kricke, Arnulf Rainer und Jan J. Schoonhoven. Präsentiert werden sie in eigens dafür eingerichteten Räumen am Rande eines Schlossparks. Neben den ausgestellten Kunstwerken bewahrt die Situation Kunst das Archiv des kompletten wissenschaftlichen Nachlasses von Max Imdahl auf und ein umfangreiches Video-Archiv mit Feature-Filmen über Gegenwartskunst.

Am kommenden Freitag wird ein Erweiterungsgebäude eröffnet – ohne konkrete Kunst. Exponate früherer Kulturepochen aus Afrika und Ostasien sollen hier in einen Dialog mit den Werken der Gegenwartskunst treten. Bronze-, Stein und Tonskulpturen der Nok, Sokoto, Esie, Benin, Ife und Tada aus Afrika, stehen unter der Schirmherrschaft von Tunde Adeniran, Botschafter der Bundesrepublik Nigeria in Deutschland. Angestrebt wird ein Kooperationsprogramm mit nigerianischen Universitäten.

Auch Buddha-Figuren aus Burma, aus Thailand, Nepalund Kambodscha sind zu sehen, Thangkas aus Tibet oder Kalligraphien aus Taiwan. Die ostasiatische Kunst erweitert die Sammlung und stellt sich dem Gemisch der Kunstgegenstände. Dazu füllen Lichtkunst-Werke zeitgenössischer Künstler die Gebäude auf: Gianni Colombos Archiv stiftete „Zoom Sqares“, eine erstmals 1967/68 realisierte Licht-Raum Installation. Zwei Beton-Korridore werden mit Neon-Skulpturen von Dan Flavin bestückt und Francois Morellet beschenkt die sammlung mit einem Neon-Raum. Für 2007 plant das Team ein Afrika-Symposium zur Alters- und Authentizitätsbestimmung von Werken afrikanischer und asiatischer Kunst.

Betrieb und Erweiterung der Situation Kunst wird durch die Ruhr-Universität Bochum gewährleistet. In Zukunft soll sich das ändern, das gesamte Kunst– und Architekturereal soll in eine Stiftung öffentlichen Rechts ungewandelt werden. Jetzt schon bemerkenswert: Das weit abseits der Hochschule liegende Projekt fußte allein auf privater Intiative.