Manfred Kanther will kein Krimineller sein

BGH muss entscheiden, ob ehemaliger hessischer CDU-Chef mit seinen schwarzen Kassen seine Partei geschädigt hat

KARLSRUHE taz ■ Manfred Kanther, der ehemalige hessische CDU-Landesvorsitzende und Bundesinnenminister, will eine weiße Weste behalten, obwohl er jahrelang die schwarzen Kassen der Hessen-CDU verborgen hat. Das Landgericht Wiesbaden hatte Kanther deshalb vor einem Jahr wegen Untreue zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Gestern verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die Revision des 67-Jährigen.

Wo die schwarzen Kassen herkamen, ist nach wie vor ungeklärt. Im Jahre 1983 lagen jedenfalls 22,8 Millionen Mark auf einem verdeckten Konto des hessischen CDU-Landesverbandes. Um das Geld besser abzuschirmen, transferierten es Kanther, Kassenwart Casimir zu Sayn-Wittgenstein und der Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch in die Schweiz. 1993 wurde sogar eine Stiftung im Fürstentum Liechtenstein gegründet. Im Jahr 2000 flog alles auf. Seitdem wird gestritten, ob Kanther sich strafbar gemacht hat.

Das Landgericht Wiesbaden warf Kanther vor, er habe mit den Tricksereien seiner Partei einen Millionenschaden zugefügt. Der Schaden: Weil die schwarzen Kassen in keinem Rechenschaftsbericht auftauchten, verhängte der Bundestag eine Strafe in Höhe von 21 Millionen Euro gegen die CDU.

Gegen diese Argumentation wandten sich Manfred Kanther und sein Verteidiger Alfred Dierlamm mit ihrer Revision. „Das Geld einer Liechtensteiner Stiftung musste nicht im CDU-Rechenschaftsbericht auftauchen“, argumentierte Alfred Dierlamm, „also war der Bericht nicht falsch und Kanther hatte zumindest keinen Vorsatz, der CDU zu schaden.“ Der Rechtsanwalt forderte die Einstellung des Verfahrens.

Selbst die Bundesanwaltschaft kritisierte das Wiesbadener Urteil. Manfred Kanther habe sicher „nicht gewollt“, dass die CDU mit Sanktionen belegt wird. Die Bundesanwälte sehen die Strafbarkeit des CDU-Politikers aber an einem anderen Punkt. „Er hat dafür gesorgt, dass die schwarzen Kassen der Hessen-CDU immer besser verschleiert wurden. Damit wurde das Vermögen der CDU zumindest gefährdet, was für eine Verurteilung wegen Untreue ausreicht“, plädierte der Bundesanwalt Lothar Senge.

Das Urteil will der Bundesgerichtshof am 11. oder 18. Oktober verkünden. Es ist gut möglich, dass die Richter wegen der sehr komplizierten Rechtsfragen auf jeden Fall eine neue Verhandlung bei einem anderen Landgericht anordnen.

CHRISTIAN RATH