Kreuzverbot auf der Kippe

Auf Druck von Kirchen und Parteivolk prüft der Kieler Landtag nochmal das Verbot von religiösen Symbolen in der Schule. Über die Grenzen der weltanschaulichen Neutralität herrscht Uneinigkeit

„Die Sache war eigentlich durch“, sagt Lars Langenau, Sprecher des Ministeriums für Frauen und Bildung in Kiel. Die CDU, Partnerin in der regierenden Großen Koalition, hatte ihr O.K. für eine Regelung gegeben, nach der Lehrer an Schleswig-Holsteins Schulen weder Kopftuch noch Kippa oder Kreuz tragen dürfen. Auf Druck der Kirchen wie auch aus beiden Parteien haben CDU- und SPD-Fraktion am Mittwoch gemeinsam den wissenschaftlichen Dienst des Landtags beauftragt, das „Neutralitätsgebot“ noch einmal zu prüfen.

„Lehrkräfte und Betreuungspersonen haben in der Schule auch durch ihr äußeres Erscheinungsbild religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren“, so steht es in dem Gesetzentwurf, den Ministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) zum Schulstart publik machte und der zum nächsten Winterhalbjahr in Kraft treten soll. Eine Regelung, die Lehrern sowohl muslimische als auch christliche und jüdische Symbole verbietet, war nach Auffassung der Juristen im Ministerium nötig, um nicht gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes zu verstoßen. Hatte doch das Verwaltungsgericht Stuttgart kürzlich erst einer Kopftuch tragenden Lehrerin Recht gegeben, die darauf verwies, dass in Baden-Württemberg auch Nonnen in Ordenstracht unterrichten dürfen.

Die CDU lege „Wert darauf, dass die Erziehung an unseren Schulen nach wie vor am christlichen Menschenbild orientiert bleibt“, erklärte dieser Tage ihre kirchenpolitische Sprecherin Herlich Marie Todsen-Reese. Deshalb nehme man sich Zeit für eine rechtliche Prüfung, „ob christliche Symbole und das Kopftuch im Sinne einer Neutralitätsformel verfassungsrechtlich gleichgestellt sind“. Sprich: ob es möglich ist, doch nur eines von beiden zu verbieten. Im Bildungsministerium geht man „davon aus, dass die Prüfung zu dem gleichen Ergebnis kommt, zu dem wir gekommen sind“, sagt Sprecher Langenau.

Das Gesetz sollte längst im Kabinett vorliegen, nun kommt es bei der nächsten Sitzung des Koalitionsausschusses am 24. September auf die Tagesordnung. Eine Alternative zum Verbot von Kreuz, Kippa und Kopftuch kann man sich im Bildungsministerium derzeit nicht vorstellen. „Ein bisschen Neutralität geht nicht“, warnt auch der kirchenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Fischer. Die Privilegierung einzelner Glaubensrichtungen wäre „aus Verfassungsgrundsätzen nicht umsetzbar“ und würde den „wichtigen christlich-islamischen Dialog“ schwer belasten. Aus CDU-Kreisen ist zu hören, man verzichte eher auf das Kopftuchverbot, als das Kreuzverbot mitzutragen. KAIJA KUTTER