Höher wird es erst mal nicht

HOENESS-PROZESS Die Richter belassen es bei 27,2 Millionen Euro Steuerschuld. Für die Strafe entscheidend: Wie werten sie Hoeneß’ Selbstanzeige?

Die Summe reicht vermutlich für eine Haftstrafe, falls Hoeneß schuldig ist

AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE

Im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß wird am Donnerstag voraussichtlich das Urteil fallen. Falls Verteidigung und Staatsanwaltschaft keine neuen Beweise oder Zeugen präsentieren, werden sie vormittags ihre Plädoyers halten. Im Anschluss sei das Urteil möglich, sagte eine Sprecherin des Landgerichts München am Mittwoch.

Der dritte Verhandlungstag ging für den Fußballmanager beinahe erfreulich zu Ende: Die Höhe der Steuerschuld, die ihm vorgeworfen wird, blieb erstmals konstant. In der Anklageschrift war die Staatsanwaltschaft noch von 3,5 Millionen Euro ausgegangen. Am Montag gestand Hoeneß einen Betrag von 18,5 Millionen, am Dienstag sprach eine Finanzbeamtin von 27,2 Millionen. Die tatsächliche Summe könnte noch höher liegen: Die Beamtin musste die Steuerschuld in wenigen Tage ausrechnen und rundete im Zweifel zugunsten des Angeklagten ab.

Das Gericht hätte das Verfahren nun aussetzen können, um den wahren Betrag ermitteln zu lassen. Die Richter werden es aber bei den 27,2 Millionen belassen, zur Freude der Hoeneß-Anwälte. „Den Betrag halten wir für sachgerecht“, sagte Verteidiger Hanns Feigen.

Die Summe reicht vermutlich trotzdem für eine Haftstrafe, falls Hoeneß schuldig gesprochen wird. Dafür müsste das Gericht die Selbstanzeige des Sportfunktionärs aus dem Januar 2013 als ungültig werten.

Zwei Fragen sind dafür entscheidend: Zunächst, ob Hoeneß’ Steuerbetrug zum Zeitpunkt der Anzeige bereits aufgeflogen war. Ja, sagt die Staatsanwaltschaft, denn ein Stern-Reporter wusste, dass bei der Schweizer Bank Vontobel ein geheimes Konto existiert. Nein, sagt die Verteidigung, denn der Reporter wusste nicht, wem das Konto gehört. Der Aspekt ist rechtlich umstritten, könnte aber hinfällig werden, da sich die Staatsanwaltschaft inzwischen auf die zweite Frage konzentriert. „Entscheidend ist für uns, ob die Selbstanzeige vollständig war“, sagte ein Vertreter der Anklage am Mittwoch. Dafür müsse ein Steuerhinterzieher von Anfang an so detaillierte Dokumente einreichen, dass die Finanzbehörden mit geringem Aufwand die Steuerschuld berechnen können. Bei Hoeneß sei dies nicht der Fall gewesen.

Sei es doch, behaupten die Verteidiger. „Wir sind ja nicht dämlich“, sagte Hoeneß-Anwalt Feigen. Schon aus der ersten Version der Selbstanzeige habe man die Summe von 27,2 Millionen Euro ableiten können. Von dieser Sichtweise wird das Gericht aber schwer zu überzeugen sein: Schließlich waren selbst die Verteidiger noch am Montag von einer deutlich niedrigeren Steuerschuld ausgegangen. Allzu präzise können die Angaben in der Selbstanzeige also nicht sein.

Mit ein paar Kontoauszügen ist es im Fall Hoeneß eben nicht getan. Der Manager spekulierte über sein Schweizer Nummernkonto intensiv mit Devisen. Er kaufte und verkaufte verschiedene Währungen. Die Versteuerung dieser Termingeschäfte ist kompliziert. Am Mittwoch sagte ein Betriebsprüfer aus, der für Hoeneß’ Geschäfte in Deutschland zuständig war. Auch hier spekulierte der Bayern-Präsident, allerdings legal versteuert. „Im ersten Augenblick habe ich die Dokumente selbst nicht verstanden“, sagte der Prüfer. Kein Wunder: Hoeneß’ Steuerberater hatte ihm Umzugskisten voller Unterlagen präsentiert.