Plan für umstrittene Forensik steht

Trotz der Kürzungen im Maßregelvollzug: In Herne soll eine neue forensische Klinik gebaut werden. Betreiber und Kritiker überzeugen sich bei einem Ortstermin vom zukünftigen Bau. Klage der Stadt ist anhängig

HERNE taz ■ Die forensische Klinik in Herne soll kommen. Der Planungsbeirat lud vergangene Woche zum Ortstermin am vorgesehenen Standort der Klinik für drogenkranke und psychisch kranke Straftäter im Stadtteil Bickern. Anwesend waren Vertreter des späteren Klinikbetreibers Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug sowie Besitzer der anwesenden Kleingärten. Ziel des Beirates war es, den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren zu beleben. Der Grund: Der Standort ist nach wie vor umstritten. Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) ist seit knapp zwei Jahren eine Klage der Stadt Herne anhängig, an der sich SPD, CDU, FDP und die Grünen beteiligt haben.

„Die Planungen gehen trotz der unsicheren Rechtslage weiter“, sagte Klaus Marquardt, Sprecher des Arbeitskreises Forensik und Mitglied im Planungsbeirat. Mit einer Entscheidung des OVG könne vielleicht in einem halben Jahr gerechnet werden. „Es gibt zwar keine Signale, aber rein statistisch gesehen, müsste es dann so weit sein“, so Marquardt. Der LWL hatte trotz der Klage die Gründung eines Beirates empfohlen. Dies sei an den Standorten so üblich, hieß es. Seitdem diskutieren Vertreter der Gemeinde, Polizei, Kirchen, Kliniken, Parteien und sozialer Träger über „Informationsrechte und Einflussnahme“ in Sachen Maßregelvollzug.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat angekündigt, in jedem Fall am Standort Herne festzuhalten. Stefan Weber, Projektverantwortlicher und Mitarbeiter des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug, stellte den Anwesenden die Pläne der neuen Klinik vor. 22,4 Millionen Euro sind für den Neubau vorgesehen, hinzu kommt noch der Preis für das Grundstück. Aufgrund der Sparpläne der Landesregierung mussten die Kosten gedeckelt werden. „An der Sicherheit werden wir allerdings nicht sparen“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Veränderungen an den Bauplänen gibt es dennoch: Die Klinik soll von einem Zaun statt einer Mauer umgeben werden, statt fünf Stationen mit 18 Betten soll es vier Stationen mit 20 Betten geben, eine ursprünglich vorgesehene Turnhalle soll erst gar nicht gebaut werden. „Die Kosten im Bereich der Sicherheit sind in den vergangenen Jahren gestiegen, deswegen können bestimmte Dinge nicht realisiert werden“, sagte Klaus Marquardt.

SPD und Grüne hatten Laumann vorgeworfen, das nach jahrelangen Widerständen errungene Einvernehmen mit den Kommunen, Trägern und Bürgern über eine Dezentralisierung des Maßregelvollzugs aufzukündigen. Die Träger der forensischen Einrichtungen befürchten, dass sie infolge des Sparkurses mittelfristig rund 400 Stellen streichen müssen.

Landesweit werden im Maßregelvollzug derzeit mehr als 2.000 Patienten behandelt – 800 Therapieplätze fehlen dabei. Um den Notstand zu beheben hatte die damalige Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) vor vier Jahren den Neubau von sechs forensischen Kliniken mit insgesamt 470 Plätzen beschlossen. Duisburg, Dortmund, Essen, Köln, Münster und Herne sind als Standorte vorgesehen. Die Klinik in Dortmund wurde Anfang des Jahres eröffnet, die anderen sollen bis spätestens 2009 folgen. Fischers Nachfolger Laumann betont nun, am Konzept der Dezentralisierung im Maßregelvollzug festzuhalten – trotz der angekündigten Einsparungen. HOLGER PAULER