berliner szenen Schönes Wetter

Weggeknallt

Es war Nachmittag, ich saß am Ufer in der Sonne. Auf der gegenüberliegenden Seite stand eine Frau in Schwarz, neben ihr ein kleines Mädchen. Es trug ein rotes T-Shirt und einen gelben Schwimmring um die Hüften. Vor den beiden platschte etwas im Wasser. Zunächst hielt ich es für einen Hund. Es war aber ein Mensch. Ein kleiner Junge vielleicht; vielleicht auch ein Taucher. In jedem Fall ein Mensch.

Ein Rauchbedürfnis unterbrach meine Beobachtungen. Mein Feuerzeug war da, aber leer. Ich zog mein Hemd wieder an und ging zu einer jungen Frau, die sich ein paar Meter weiter im Bikini mit Sonnenbrille rauchend sonnte. Ihr Oberteil sah aus wie ein schwarzer Balken. Sie gab mir Feuer; es schien mir aber, als hätte sie mich dabei komisch angeschaut. Vermutlich hatte sie das leere Feuerzeug auf meinem Platz gesehen und es für ein volles gehalten. Das war mir recht peinlich.

Rauchend legte ich mich auf den Rücken und guckte nach oben. Oben sah auch nicht so besonders aus. Dann setzte ich mir eine Sonnenbrille auf. Der Effekt war frappierend. Das Bild war nun viel deutlicher und plastischer. In Kodacolor und 17 Millionen Farben ordneten sich die Wolken in verschiedenen Schichten und unterschiedlichen Geschwindigkeiten, deuteten seltsame Formen und Allianzen an und sahen dabei genauso aus wie die Wolken, die man sieht, wenn man aus dem Fenster eines Ferienflugzeugs schaut. Wahrscheinlich sind die Fenster in Flugzeugen ähnlich beschichtet wie meine Sonnenbrille, nur hatte ich das zuvor nicht bemerkt und die letzten Jahre wohl auch zu selten in den Himmel geguckt.

Gedankenverloren vergaß ich nach diesen interessanten Erkenntnissen meine Sonnenbrille am Ufer. DETLEF KUHLBRODT