Grüß Gott in Bayern

In seiner Predigt vor 250.000 Menschen kritisiert der Papst „eine Schwerhörigkeit Gott gegenüber“

„Wir können Gott einfach nicht mehr hören – zu viele andereFrequenzen haben wir im Ohr“

MÜNCHEN taz ■ Am Ende wehten die bayerische Fahne und natürlich ganz viele Vatikan-Fähnchen: Nach zwei Stunden Gottesdienst auf dem Feld jubelten die 250.000 Menschen – viele in Tracht – gestern, wie sie es erst kürzlich während der WM gelernt hatten. „Jetzt ist der Benedikt zu Hause“, war das viel gehörte Credo – weniger mit Ehrfurcht ausgesprochen, vielmehr mit Lokalpatriotismus.

Auch der Papst, der als Joseph Ratzinger geborene Bayer, erinnerte in seiner Predigt immer wieder an seine Heimat – durchaus auch kritisch. „Die katholische Kirche in Deutschland ist großartig durch ihre sozialen Aktivitäten, durch ihre Bereitschaft zu helfen, wo immer es nottut“, sagte Benedikt. Von Bischöfen aus vielen Ländern nehme er stellvertretend immer wieder Dank entgegen für die vielfältigen Hilfeleistungen der Deutschen. Zugleich aber seien Katholiken in Afrika und Asien erschrocken, wenn sie sähen, wie Gott hierzulande aus dem Blickfeld der Menschen ausgegrenzt werde. „Dieser Zynismus ist nicht die Art von Toleranz und kultureller Offenheit, auf die die Völker warten und die wir alle wünschen. Die Toleranz, die wir brauchen, schließt die Ehrfurcht vor Gott ein.“ Es scheine, als hätten die Menschen eine „Schwerhörigkeit Gott gegenüber“ entwickelt. „Wir können ihn einfach nicht mehr hören – zu viele andere Frequenzen haben wir im Ohr.“ Der Papst forderte die Deutschen auf, sich wieder auf das Evangelium zu besinnen. Ausdrücklich nannte er die Immunschwächekrankheit Aids, die von „ihren tiefen Ursachen her“ nur über eine Besinnung auf die moralischen Maßgaben von Jesus Christus bekämpft werden könne.

Am Samstagabend hatte der Papst in einem Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler eine bessere Integration der Muslime in Deutschland angeregt. „Er hat mir eindeutig mitgegeben, dass wir das Gespräch suchen sollen“, sagte Köhler. Auch die Ökumene kam zur Sprache. Schon in seiner Begrüßungsansprache hatte Köhler am Flughafen zu einer stärkeren Zusammenarbeit der beiden großen christlichen Kirchen aufgerufen. Der Papst hatte dazu gesagt: „Wir werden uns mit Herz und Verstand bemühen, dass wir zueinander kommen.“ MAX HÄGLER