LESERINNENBRIEFE
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Niemand bezieht „Hartz IV“

■ betr.: „Hartz-IV-Familien im Glück“, taz vom 27. 9. 10

Inhaltlich alles gelungen bei Kommentierung und Titelblatt zur unsäglichen Debatte über die Regelsätze! Aber inzwischen hat allein die Verwendung des Begriffs Hartz IV in der gesellschaftlichen Debatte so eine negative Bedeutung bekommen, dass Kommentar und Titelblatt sich wieder teilweise ihrer Wirkung berauben. Niemand bezieht Hartz IV. Korrekt heißt es Arbeitslosengeld 2, die Grundsicherung für erwerbsfähige Arbeitssuchende. Der taz würde es gut anstehen, deshalb von Arbeitslosengeld zu sprechen. UWE HONECKER, Freiburg

Fünf Euro mehr – ein Scherz

■ betr.: „Hartz-IV-Familien im Glück“, taz vom 27. 9. 10

Ich habe von der „Erhöhung“ nur noch im Halbschlaf mitbekommen und dachte, es wäre ein Gag, ein Internetscherz wie damals mit Bielefeld oder so. Eine ferne Bekannte, die mit Hartz IV aufgestockt bekommt, meinte, dass Sinnvollste, was man mit den fünf Euro machen könnte, wäre, den Schein zum Putzen zu nehmen und nach Gebrauch wieder zurückzuschicken. Wieder einmal kann ich den Verantwortlichen nur wünschen, einen Monat lang mal selbst von Hartz IV zu leben. CLAIRE JOANNA KOZLOWSKI, München

Erhöhung in Krümelhöhe

■ betr.: „Mineralwasser statt Bier“, taz vom 27. 9. 10

Die Bundesregierung gab in der Wirtschaftskrise Milliarden für Banken und Konzerne aus, der Etat der Bundeswehr wird erhöht, aber die Hartz-IV-Empfänger sollen nach dem Vorschlag von Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) mit einer Erhöhung ihrer Regelsätze in Krümelhöhe (5 Euro) abgespeist werden. Die Sätze für Kinder sollen gar nicht steigen. Das ist skandalös und setzt dem ohnehin schon menschenunwürdigen Hartz-IV-System noch die Krone auf. Eine gerechte und christliche Politik, wie man sie von Arbeitsministerin von der Leyen erwarten sollte, sieht anders aus. JOACHIM FISCHER, Bremen

Demoroute ins Abseits

■ betr.: „Nerven liegen blank“ (Stuttgart 21), taz vom 27. 9. 10

Hallo taz! Ihre Zeitung sorgt normalerweise dafür, dass uns das Frühstück noch schmeckt, im Vergleich zu den tendenziösen Artikeln unserer lokalen Presse in Stuttgart derzeit. Heute war ich allerdings sehr enttäuscht über Ihren Artikel, der diesmal nicht erklärt hat, wieso es überhaupt zu der Straßenblockade und den ganzen Unruhen mit Festnahmen bei der Großdemo am Freitag kam.

Folgendes hat sich ereignet: Nachdem die 30.000 Menschen in strömendem Regen den Reden auf der Bühne am Bahnhof zugehört hatten, bekamen sie mitgeteilt, dass das Ordnungsamt die Demoroute geändert habe, „aus Sicherheitsgründen“. Ich war auf fast allen Demos. Da passiert nix. Diese Route führte uns ins Abseits, durch Industriegebiet, durch Dunkelheit, keine Menschen weit und breit außer am Streckenanfang, wo es ein Stück die Heilbronner Straße hinauf ging. Stadtauswärts! Die Menschen waren über diese Schikane sehr frustriert. Bis dahin wurde der Aufforderung durch das Aktionsbündnis, keine Straßen mehr zu blockieren, diszipliniert Folge geleistet. Überhaupt geht es oft gar heiter zu. Die letzte Blockade gab es an dem Tag, als der Nordflügelabriss begann. Am Freitag jedoch ist das Fass übergelaufen und ein Teil der Demonstranten hat eine eigene Route gewählt. Auch was über den „Nervenzusammenbruch“ der Busfahrerin berichtet wurde, ist unwahr und nirgends richtig gestellt worden. Heute bereue ich, dass ich brav mit durch die Pampa gestiefelt bin. SIGRID KLAUSMANN, Stuttgart