Menschen am Huangpu

Der „Hamburg Summit“ ist in erster Linie ein Wirtschaftsforum für den Handel mit China. Aber Abseits der Podien, Empfänge und Geschäftsdinner gibt es jede Menge Möglichkeiten sich der Kultur des Riesenreiches anzunähern – und zwar ganz nach Wunsch: Mainstream oder Underground

Wenn rote Lampions statt Dampfern auf der Alster schippern, wenn ein freundlicher Drache über den Jungfernstieg wacht und es Fischmarktführungen auf chinesisch gibt, dann scheint Hamburg im fernen Osten angekommen. Denn zum Wirtschaftskongress in der Handelskammer „Hamburg Summit: China meets Europe“, auf dem die Handelsbeziehungen zwischen Hamburg und Shanghai vertieft werden sollen, gibt es das passende kulturelle Programm. Drei Wochen dauert die „China Time“ mit rund 250 Ausstellungen, Workshops und Vorträgen. Hamburg verkleidet sich, um den Nordlichtern fernöstliche Traditionen und moderne Trends aus Shanghai näher zu bringen.

60 tempelartige Pagodenzelte verwandeln den Jungfernstieg in einen chinesischen Markt mit eigenem Reisfeld, Bambuspflanzen und fliegenden Fischen. Hier gibt es zehn Tage lang asiatische Antiquitäten zu kaufen, traditionelle Gewänder oder fernöstliche Massagen. Über der Speicherstadt ziehen große, chinesische Wolken aus Papier auf. Die Ausstellung „Fliegende Wolken – Fließendes Wasser“ zeigt dort überdimensionale Fächer und eine acht Meter lange chinesische Mauer, die mit Baum und Kokosfasern fast unsichtbar zusammengeknotet ist. Auch der botanische Garten wird ein chinesischer. Dort werden die kosmologischen Regeln des des Feng Shui gelehrt, die den chinesischen Garten zum Ort der Ruhe und der Erholung machen.

Viele Hamburger Kunststätten beherbergen auch über die „China Time“ hinaus chinesische Kunst. Von Donnerstag bis zum Februar 2007 zeigt die Kunsthalle Bilder aus der Sammlung des Schweizers Uli Sigg. Der ehemalige Botschafter in Peking hat die Gegenwartskunst nach der Mao-Ära über ein Vierteljahrhundert gesammelt. „Mahjong“ zeigt ausgewählte Werke, angefangen bei Szenen der jüngeren chinesischen Geschichte in Öl bis hin zu abstrakten Fotomontagen.

Porträtfotos von Chinesen und Deutschen hängen sich im alten Elbtunnel in St. Pauli gegenüber. „100 People“ heißt die Ausstellung, für die die Hamburgerin Julia Knop jeweils 100 Menschen an der Elbe und am Huangpu in Shanghai fotografiert hat. So können Hamburger den Menschen aus ihre Partnerstadt begegnen, wie sie jeden Tag am Fluss entlangspazieren.

Geheimnisvoller wird es, wenn es um die Traditionen des alten China geht. Zu denen gehören die chinesischen Märchen, die der Erzähler Olaf Steinl im botanischen Garten nachspielt. Oder die 500-Jahre alte chinesische Geheimschrift „Nüshu“, die nur von Frauen gelesen werden konnte. Im Kunstraum Altona darf jeder versuchen, die Codes zu entziffern. Eine weitere Tradition ist das chinesische Mondfest, in dessen Geheimnisse das Restaurant Ni Hao seine Gäste mit einem besonderen Menü einweiht.

Gegen alte Traditionen und die Staatskontrolle wenden sich moderne Künstler aus China. Im Metropolis Kino sind Filme zu sehen, die illegal außerhalb der staatlich kontrollierten Studios gedreht wurden. Sie zeigen die Armut in chinesischen Kleinstädten, die Irrungen der Liberalisierung oder die Unterdrückung chinesischer Frauen.Silke Bigalke

Mehr unter: www.china-time.de