„Kulturpolitischer Amoklauf“

HAUSHALT Bei der Bürgerschaftssitzung nach Bekanntwerden des Sparpakets teilen SPD und Linke kräftig aus und fordern die Aufkündigung der Koalition

„Erst renovieren sie das Altonaer Museum, dann machen sie die Bude zu – das ist nicht durchdacht“

JOACHIM BISCHOFF, DIE LINKE

Mit scharfer Kritik hat die rot-rote Opposition am Mittwoch in der Bürgerschaft auf die Sparpläne des schwarz-grünen Senats reagiert. Der SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher warf der Regierung eine „millionenschwere Umverteilung zu Lasten der Beschäftigten, der Kultur und der Studenten“ vor.

Dabei werde der Haushalt gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung gar nicht reduziert, er betrage nach wie vor 10,99 Milliarden Euro. Der Betriebshaushalt, bei dem die Koalition besonders stark sparen wollte, würde sich gegenüber 2009 gar um acht Prozent erhöhen, so Tschentscher.

Der haushaltspolitische Sprecher der Linken, Joachim Bischoff, warf Schwarzgrün vor, keinen einzigen Vorstoß im Bundesrat unternommen zu haben, um die Einnahmen – etwa durch eine Vermögenssteuer oder die Anhebung des Spitzensteuersatzes – zu erhöhen. Zwei Drittel des Haushaltsloches seien den Berliner Steuersenkungen geschuldet, nur ein Drittel den Folgen der Wirtschaftskrise.

Haushaltspolitisch verbreite die Regierung nur „Chaos“ und richte „Schaden in vielen Bereichen“ an. „Erst renovieren sie das Altonaer Museum aufwendig, dann machen sie die Bude zu – das ist nicht durchdacht und wird niemand in der Stadt verstehen“, ereiferte sich Bischoff unter dem Applaus der Abgeordneten von SPD und Linkspartei.

Sein Fraktionskollege Norbert Hackbusch sprach von einem „kulturpolitischen Amoklauf“ und äußerte die Befürchtung, „die erfolgreiche Nachwuchsarbeit des Jungen Schauspielhauses“ werde als erstes den Kürzungen zum Opfer fallen. An die GAL gewandt, forderte Bischoff die Aufkündigung der Koalition: „Befreien sie uns von dieser Regierung!“

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan hingegen lobte das Sparpaket, da es „nicht an den Ausgaben bei den Bürgern und den sozialen Dienstleistungen“ spare, sondern versuche „die Verwaltung effizienter zu machen“. Das Schauspielhaus nahm er in die Pflicht. Hier blieben aufgrund des Spielplans „seit Jahren viele Plätze leer“, so dass „bei den Einnahmen noch Luft nach oben sei“. Auch das Altonaer Museum sei nur „schwach besucht“ gewesen, seine Exponate könnten auf andere Museen verteilt werden, so dass nichts verloren ginge.

Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) lobte das vorgelegte Sparpaket als „Trendwende“ und verwies darauf, dass die SPD-Vorgängerregierungen auch „ohne die schwerste Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte“ den Hamburger Schuldenberg hätten schneller ansteigen lassen als die CDU-geführten Regierungen seit 2001.

Die SPD sei deshalb „Teil und nicht Lösung des Problems“ attestierte der CDU-Finanzexperte Thies Goldberg. Frigge hingegen betonte, trotz des Spardrucks sei es der Koalition gelungen, „nicht in soziale Netze einzuschneiden“. MARCO CARINI