„Hoeneß, du bist der beste Mann“

NEUE ÄRA II Im nachträglichen Gedankenspiel verbuchen die unterlegenen Leverkusener sogar Siegchancen bei den behäbigen Bayern

MÜNCHEN taz | Sami Hyypiä begann mit dem Wichtigsten: „Nach einer Niederlage kann man nicht zufrieden sein“, sagt der finnische Coach von Bayer 04 Leverkusen nach dem 1:2 in München. Dennoch sah Hyypiä nicht todunglücklich aus. Als er weitersprach, fiel gar ein paar Mal das Wort „gut“.

Seine Werkself schlug sich sehr anständig beim übermächtigen FC Bayern in dessen erstem Spiel nach der Verurteilung des Patriarchen Uli Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen Steuerhinterziehung. Sein Tribünenplatz neben Karl-Heinz Rummenigge blieb demonstrativ frei.

Waren die Münchner womöglich gehemmt, da sie künftig ohne Hoeneß auskommen müssen, der alle Ämter beim Klub niedergelegt hat? „Nein“, sagte Münchens Trainer Pep Guardiola, „es hatte nichts mit Hoeneß zu tun.“ Es war vor allem das Verdienst der Leverkusener, die besonders in der ersten Hälfte gut verteidigten. Hyypiä wagte sich gar an verwegene Gedankenspiele heran: „Mit mehr Konzentration hätten wir in Führung gehen können, niemand weiß, was dann passiert wäre.“

Der Finne sprach von der Chance, die der Koreaner Heung-Min Son in der elften Minute vergeben hatte, als er Jérôme Boateng enteilt war, aber links am Tor vorbeischoss. In der 30. Minute lenkte Münchens Keeper Manuel Neuer den Ball nach einem Weitschuss von Bayer-Kapitän Simon Rolfes übers Tor. „Wenn wir die Chancen reingemacht hätten, wäre es vielleicht anders gelaufen“, meinte auch Torhüter Bernd Leno. Da sie es nicht taten, kam es, wie es kommen musste.

Bayer bekam kaum noch Chancen, die Münchner verwandelten hingegen ihre Möglichkeiten. In der 45. Minute setzte sich Mario Mandzukic in einem Kopfball-Duell gegen den zu passiven Bayer-Innenverteidiger Philipp Wollscheid durch. Sieben Minuten nach der Pause zirkelte Bastian Schweinsteiger den Ball per Freistoß genau unter die Latte – ein traumhafter Schuss.

Die Bayer-Fans gaben trotzdem alles. Auf den Rängen lieferten sie sich ein Duell mit den Münchner Zuschauern. „Hoeneß in Knast“, sangen die Gäste. Und später etwas origineller: „Steht auf, wenn ihr Steuern zahlt.“ Die Einheimischen konterten mit einem kollektiven: „Uli Hoeneß, du bist der beste Mann.“ Hoeneß-Spruchbänder hatten nur drei oder vier mitgebracht.

Die Rekordwerte der Bayern werden derweil immer beeindruckender. 50-mal haben sie in der Liga nicht mehr verloren. Und falls weder Dortmund noch Schalke am kommenden Wochenende gewinnen und die Münchner gleichzeitig in Mainz siegen, wären sie schon am 26. Spieltag Meister – zwei Spieltage früher als im Vorjahr. Auch das wäre Rekord. CHRISTIANE MITATSELIS