Minister wegen SS-Gedenkmarsch entlassen

LETTLAND In Riga fand die jährliche SS-Veteranenfeier statt. Erstmals riet Regierung von der Teilnahme ab

STOCKHOLM taz | Schon im Vorfeld hatte für Aufsehen gesorgt, dass Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma am Freitag den erst Ende Januar ins Amt gekommenen Umweltminister Einars Cilinskis entlassen hatte, nachdem dieser ankündigte, sich an der Veranstaltung beteiligen zu wollen. Die Regierung hatte ausdrücklich ein Verbot der Teilnahme von Kabinettsmitgliedern erlassen. Das war notwendig geworden, weil seit 2011 die ultrarechte Partei „Alles für Lettland!“ in der Koalition sitzt. Deren Aktivisten gehören zu den Organisatoren der jährlichen SS-Feier.

Lettland wird wegen dieser Veranstaltung regelmäßig vor allem von jüdischen Organisationen und Moskau mit der Begründung kritisiert, das Land ehre damit den Nazismus und beleidige die Opfer des Holocaust. Versuche der Stadtverwaltung in Riga, den SS-Marsch zu verbieten, waren in der Vergangenheit mehrmals an den Gerichten gescheitert. In diesem Jahr forderte die Regierung die Bevölkerung erstmals auf, sich weder an dieser Gedenkveranstaltung noch an Gegendemonstrationen zu beteiligen, und begründete dies mit Sicherheitsbedenken. Angesichts der Situation in der Ukraine und dem Krim-Referendum gebe es ein erhöhtes Risiko für gewaltsame Auseinandersetzungen.

Tatsächlich scheint die Regierung bemüht, dieses SS-Gedenken 70 Jahre nach Kriegsende endlich abschaffen zu wollen. In einer Erklärung weist sie darauf hin, dass der 16. März kein offizieller Gedenktag sei und das Gedenken an die Kriegsopfer am 11. November stattfinde. Der 16. März werde demgegenüber von verschiedenen Organisationen für ihre eigenen Ziele missbraucht. Sollte der Marsch im kommenden Jahr erneut stattfinden, müsste Riga mit einer beispiellos heftigen Kritik rechnen: Er würde dann in Lettlands erste EU-Ratspräsidentschaft fallen. REINHARD WOLFF