Verstimmung über Nato-Angriffe

GRENZREGION Pakistan unterbricht die Nachschubversorgung für die ausländischen Truppen in Afghanistan

BANGKOK | taz Pakistan hat am Donnerstag die Nachschubverbindung für die ausländischen Truppen im benachbarten Afghanistan gekappt. Die dort stationierten Nato-Truppen haben daher vorübergehend ihre wichtigste Nachschubroute verloren. Der Grund für die drastische Entscheidung Islamabads sind Berichte, wonach Nato-Truppen am Donnerstagmorgen in der pakistanischen Region Kurram im Grenzgebiet zu Afghanistan bei einem Angriff drei pakistanische Soldaten getötet haben.

Es handelt sich dabei offenbar um den vierten Angriff von Nato-Einheiten auf pakistanischem Territorium innerhalb einer Woche. Washington bezeichnet Kurram als Hochburg von al-Qaida und als Drehscheibe für militante Kämpfer, die gegen die ausländischen Truppen in Afghanistan kämpfen. Sowohl Nato als auch Pakistans Regierung erklärten, sie untersuchten die Vorfälle.

„Wir haben die Nachschübe durch Nato-Lkws aus Sicherheitsgründen ausgesetzt“, sagte ein Sprecher einer paramilitärischen Grenzschutzeinheit einer Nachrichtenagentur. Innenminister Rehman Malik erklärte, nach dem Angriff „müssen wir schauen, ob wir Verbündete oder Feinde sind“.

Bereits am vergangenen Wochenende sollen Nato-Truppen militante Kämpfer, die sich nach Pakistan zurückgezogen haben, mit Kampfhubschraubern verfolgt, angegriffen und dutzende von ihnen getötet haben. Ein Nato-Sprecher hatte kurze Zeit später betont, die Einheiten hätten lediglich von ihrem „Recht auf Selbstverteidigung“ Gebrauch gemacht. Später wurde die Aussage widerrufen. Seitdem soll es drei weitere Attacken auf pakistanischem Territorium gegeben haben.

In den vergangenen zwei Wochen hatten die USA nach einer längeren Pause erneut mehrfach Militante in Pakistan mit unbemannten Drohnen angegriffen. Seit 2004 sind bei diesen Angriffen geschätzt mehr als 1.000 Menschen getötet worden. Pakistans Regierung protestiert regelmäßig gegen die Attacken, da die Menschen in Pakistan diese sehr kritisch sehen. Hinter den Kulissen hat Islamabad den Angriffen jedoch höchstwahrscheinlich zugestimmt. Zugleich deuten immer mehr Indizien darauf hin, dass Pakistan – allen Beteuerungen zum Trotz – weiterhin die afghanischen Taliban unterstützt.

Derart massive Nato-Angriffe auf pakistanischem Territorium sind neu. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um eine geänderte Strategie Washingtons handelt. SASCHA ZASTIRAL