Triumph für Vucic

SERBIEN Konservative gewinnen bei Wahlen absolute Mehrheit, Opposition landet auf historischem Tief

AUS BELGRAD ANDREJ IVANJI

Bereits vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag in Serbien schien festzustehen, wer der Sieger und wer die Verlierer sein würden. Doch einen derart überragenden Triumph für die konservative, proeuropäische Serbischen Erneuerungspartei (SNS) und ein so niederschmetterndes Ergebnis für die Opposition hatte niemand erwartet. Einige politische Experten sprechen schon von einer neuen „politischen Realität“, einer neuen „Ära“ – der Ära des Siegers Aleksandar Vucic.

Unter seiner Führung erreichte die SNS am Sonntag das beste Ergebnis in der parlamentarischen Geschichte Serbiens. Mit 48,8 Prozent gewann sie 157 von 250 Mandaten, mehr sogar als Slobodan Milosevic auf dem Höhepunkt seiner Macht trotz aller Wahlfälschungen. Der stets todernst wirkende Vucic brachte in der Wahlnacht nun doch ein Lächeln über die Lippen, seine Stimme zitterte ein wenig, als er gerührt von einer „Partnerschaft mit dem Volk“ sprach. Er kündigte schmerzhafte, doch unumgängliche Reformen an, auf die ein besseres Leben folgen würde.

Obwohl die SNS die absolute Mehrheit hat, will sich Vucic nach Koalitionspartnern umsehen, um eine, wie er sagte, „möglichst breite Unterstützung für den Reformprozess“ zu haben und sich die Zweidrittelmehrheit im Parlament für Verfassungsänderungen zu sichern.

Als Erster bot sich sein bisheriger Koalitionspartner Ivica Dacic an, der Vucic wenige Stunden nach der Schließung der Wahllokale persönlich gratulierte. Dacic schaffte es, seine Sozialistische Partei Serbiens (SPS) bei 14 Prozent zu halten, was er „unter den gegeben Umständen“ als einen „historischen Erfolg“ bezeichnete. Damit meinte er Frontalangriffe der Vucic ergebenen Boulevardpresse, die ihn in Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen brachte.

Der Hetzkampagne unterlag aber die Demokratische Partei (DS), die über zwei Jahrzehnte lang für den Kampf für Demokratie in Serbien stand – gegen die von Milosevic gegründete SPS und die ultranationalistische Serbische Radikale Partei (SRS), von der sich die SNS vor sechs Jahren abgespalten hatte. Die DS erreichte 5,9 Prozent; bei den Parlamentswahlen von 2012 errang sie noch 25 Prozent der Stimmen.

Zu diesem historischen Tief trug maßgeblich Exstaatspräsident Boris Tadic bei, der acht Jahre lang die DS anführte. Unmittelbar vor den Wahlen verließ er die DS, gründete die Neue demokratische Partei (NDS) und schaffte es an der Spitze eines Parteienblocks mit 5,7 Prozent ins Parlament.

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