GEGEN NAZIS BEDARF ES MEHR ALS EINES „AUFSTANDS DER ZUSTÄNDIGEN“
: Kontinuität gegen rechts

Dass der Kampf gegen Rechtsradikalismus keinen zeitlichen Aufschub duldet, sollte eigentlich auch die Familienministerin Ursula von der Leyen wissen. Oder liest sie etwa keine Zeitungen und hat daher nicht bemerkt, dass nicht erst in den vergangenen Tagen und Wochen intensiv über den wachsenden Einfluss Rechtsradikaler in bestimmten Regionen der Bundesrepublik berichtet wurde? Wahrscheinlich ist das nicht.

Von der Leyens Ministerium ist, in Zusammenarbeit mit dem Arbeits- und Sozialministerium, zuständig für die von der Regierung unterstützten Projekte gegen Rechtsradikalismus. Just diese etablierten Projekte laufen zum Jahresende aus. Zwar lässt sich ihre erfolgreiche Arbeit nur schwer in Tabellen aufdröseln – aber an der Nützlichkeit der Projekte gegen rechts zweifelt letztendlich niemand. Trotzdem sollen die Nazibekämpfer erst Mitte des kommenden Jahres wieder Geld vom Ministerium bekommen. Aus „haushaltsrechtlichen Gründen“, wie es heißt. Und das, obwohl die dafür bereitzustellenden 19 Millionen Euro im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurden. Zumindest für einige Projekte aber bedeutet auch ein vorübergehendes Fehlen von Geld schlicht das aus. Bereits jetzt haben erste Initiativen Mitarbeiter entlassen, Mietverträge gekündigt und somit begonnen, ihre fruchtbare Arbeit gegen die braune Gefahr abzuwickeln. Wie gefährlich das ist, wird man vielleicht schon am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern sehen können, wenn es der NPD gelingt, in den Landtag einzuziehen.

Der Generalsekretär der SPD, Hubertus Heil, fordert in Anlehnung an den Schröder’schen „Aufstand der Anständigen“ deswegen zurecht einen „Aufstand der Zuständigen“, nicht nur im Bundesfamilienministerium. Heil tut, was ein Generalsekretär tun muss: Er ist laut, er bellt, er trommelt für ein politisches Ziel. Nur richtig zubeißen kann er nicht. Und das ist das Hauptproblem, mit dem sich die demokratischen Parteien schleunigst beschäftigen müssen. Sie brauchen eine ausgefeilte politische Strategie gegen rechts, keine Zuständigkeitsdiskussionen. DOMINIK SCHOTTNER