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Von A bis Z in die Krise

Vom Trikotmotto „we win“ kann in Bremen keine Rede mehr sein: Werder verschenkt seine 2:0-Führung gegen Stuttgart und kassiert drei Gegentore. Roberto Hilbert trifft für beide Seiten.

von Jan Zier

In einem Arbeitszeugnis würde man der Werder-Mannschaft an dieser Stelle attestieren: „Sie hat sich bemüht.“ Nein, es muss nicht „stets bemüht“ heißen. Das wäre schon zu viel des Euphemismus gewesen an diesem Samstag. Schließlich war das Spiel, jedenfalls in den Augen vieler Bremer Fans, schlicht eines: „Arbeitsverweigerung.“

Dabei hatte sich der Gast aus Stuttgart durchaus großzügig gezeigt, gleich in der 4. Minute. Der VfB steht noch feste hinten drin, da versucht es Thorsten Frings einfach mal mit einer hohen Hereingabe von rechts. Hugo Almeida verliert das fällige Kopfballduell, auch Naldo kann wenig ausrichten. Dafür ist Roberto Hilbert zur Stelle, der Stuttgarter, nach einer Vorlage seines Kollegen Tasci: Unhaltbar köpft er den Ball ins eigene Netz.

Alles lief gut für Werder – bis zur 32. Minute. Zwar waren die Bremer nicht unbedingt souverän. Schon gar nicht im Strafraum, wo Almeida und Zidan von A bis Z den verletzten K&K-Sturm ersetzen mussten. Doch hätte Abwehrmann Naldo schon in der 6. Minute das 2:0 machen können, nach einem Freistoß von Diego. Dieses Tor besorgte nach einer halben Stunde Zidan: Kapitän Baumann überspielt mit einem langen Pass die Stuttgarter Reihen, der Stürmer ist zur Stelle, mit einem eleganten Heber aus spitzem Winkel. Es wird seine einzige Großtat an diesem Nachmittag bleiben.

Und doch: Bremen, einmal mehr das Logo „we win“ auf dem Trikot tragend, wäre Tabellenführer gewesen. Wäre. Denn kurz vor der Pause startet ausgerechnet Hilbert durch, um seinen Fehler wieder gut zu machen. Ein Steilpass von Gomez, ein flacher Schuss ins linke Eck, 2:1. „Diese Szene war symptomatisch“, wird Werder-Trainer Thomas Schaaf nachher sagen. Symptomatisch insbesondere für die schwache Vierer-Abwehrkette. „Wir haben den Gegner durchlaufen lassen“, analysierte Schaaf, „er brauchte nur noch einzuschießen.“

Nach der Pause spielte Werder noch kraftsparender als zuvor. Überdies verzichteten die Bremer weit gehend auf die Zweikämpfe. Um es mit Torwart Tim Wiese zu sagen: „Das war Larifari ohne Power.“

Beispiel: Tim Borowski. Zunächst schickte der Nationalspieler den Ball an der Strafraumgrenze völlig unbedrängt in die Wolken (50.), wenige Minuten später fälschte er einen Distanzschuss von Pardo unhaltbar zum 2:2 ab. Das vermochte auch der quirlige Diego nicht wieder wettzumachen, trotz zweier schön anzusehender Torchancen. Stattdessen war es dem Stuttgarter Gomez vorbehalten, nach einem Konter aus kurzer Distanz für das 3:2 zu sorgen.

Am Ende ernteten jene die größte Begeisterung der Bremer Fans, die nicht im Weserstadion waren. In der 84. Minute brandet Riesenjubel auf, als ein Herr namens Kamper auf der Bielefelder Alm die großen Bayern bezwingt. Im Weserstadion leistet sich Zidan zur gleichen Zeit einen seiner Fehlpässe. Auch das ein Symptom.

Niederlage im Pokal. Niederlage in der Champions League. Niederlagen in der Liga. Das Wort von der „Krise“ macht in Bremen die Runde.

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