„Kein Straßencafé-Feeling“

Meteorologe Mojib Latif diskutiert den Klimawandel

■ ist Meteorologe und Klimaforscher. Seit 2003 Professor am Geomar-Institut für Meereswissenschaften der Universität KielFoto: Privat

taz: Herr Latif, woran merke ich persönlich den Klimawandel?

Mojib Latif: Allein die Tatsache, dass der letzte Winter so außergewöhnlich wirkte, zeigt ja schon, dass es deutlich wärmer geworden ist. Wissen sie, ich bin jetzt 56. Als ich ein Kind war, da war das alles normal, da hätten wir über so einen Winter gelacht.

Was entgegnen Sie Menschen, die sagen: „Ist doch gut, wenn es ein bisschen wärmer wird“?

Kurzfristig mag es so sein, aber langfristig, wenn wir mal das Jahr 2100 betrachten, reden wir hier von Temperaturen bis zu 50 Grad in Süd- und Ostdeutschland. Und das ist dann kein Straßencafé-Feeling mehr.

Warum fällt es vielen Entscheidern so schwer, konkrete Maßnahmen dagegen zu ergreifen?

Das liegt einfach daran, dass die Bedrohung nicht groß genug ist. Wenn man jetzt in Legislaturperioden denkt, beeinflusst das die Wahl nicht direkt, in vier Jahren passiert halt nicht so viel. Unsere ganze Wirtschaft ist irgendwie ausgerichtet auf kurzfristigen Gewinn, und das oft zu Lasten der Umwelt. Letzten Endes ist keiner von uns richtig bereit, einen Cent mehr für Strom zu zahlen. Das ist einfach diese Philosophie, dass Geld alles ist.

Fühlen Sie sich manchmal, als ob Sie gegen Windmühlen kämpfen?

Ja, kurzfristig schon. Aber wenn ich das so retrospektiv betrachte, ist doch die letzten 25 Jahre zumindest in Deutschland einiges passiert. Interview: Linda Bodeck

Diskussion „Bietet der Klimawandel Chancen für Erneuerung?“ mit Mojib Latif: 19.30 Uhr, Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 12