PISTORIUS-PROZESS
: Warten auf den Showdown

Aus Johannesburg

MARTINA SCHWIKOWSKI

Wird Oscar Pistorius aussagen? Das ist die Frage, die sich Südafrika nach der dritten Woche im Mordprozess gegen den „Blade Runner“ stellt. Das Land hat nicht aufgehört, jede Regung des 27-Jährigen auf der Anklagebank zu diskutieren.

Es ist die Nacht zum Valentinstag 2013, die alle beschäftigt. Damals hatte der Paralympics-Sieger seine Freundin Reeva Steenkamp mit vier Schüssen durch die Badezimmertür getötet. Pistorius beteuert, seine Freundin für einen Einbrecher gehalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm jedoch vor, Steenkamp nach einem Streit vorsätzlich getötet zu haben.

Per Fernsehen und Twitter wird weiterhin jede neue Wendung im Prozess minutiös und sekundengenau in die Öffentlichkeit übertragen: Wie Pistorius sein Gesicht mit den Händen bedeckte, als Ermittler und Waffenexperten im Gerichtssaal jedes blutige Detail der Tatort- und Leichenfotos analysierten. Wann und wie oft er sich beim Anblick der grausamen Fotos in den grünen Eimer vor sich übergeben musste. Und jeder Südafrikaner kennt die durchlöcherte Holztür, eines der wichtigsten Beweisstücke, die zeitweilig im Gerichtssaal ausgestellt wurde, dazu ein Nachbau des Toilettensitzes, auf dem Steenkamp starb. Ballistische Begriffe wie Einschusswinkel und Geschossdrall sind den Menschen keine Fremdwörter mehr.

In der Debatte um Schuld oder Unschuld wischen inzwischen viele Pistorius’ Version mit einer Handbewegung weg. Viel öfter lautet die Frage: Macht Oscar jetzt wieder etwas vor? Versucht er, die Richterin milde zu stimmen? Und: Reichen die Beweise aus, Pistorius vorsätzlichen Mord nachzuweisen?

Der Staatsanwalt will nächste Woche den Vortrag der Anklage abschließen. Dann übernimmt Pistorius’ Verteidiger. Er hat bereits mit hartnäckigen Fragen versucht, die Aussagen der Zeugen zu durchlöchern. Sie blieben standhaft. Allerdings kam auch die schlampige Polizeiarbeit deutlich ans Licht. Ermittler betraten den Tatort ohne Plastikschuhe, ein Experte hatte die noch warme Mordwaffe ohne Gummihandschuhe angefasst. Was sind die kriminaltechnischen Ergebnisse da noch wert? Darauf wird die Verteidigung nun weiter abzielen. Die stümperhafte Detektivarbeit hatte ganz Südafrika entrüstet.

Bis Montag ist erst einmal eine „Oscar-Pause“. Pistorius selbst hat sich unterdessen auf einen längeren Gerichtsprozess eingestellt: Er will sein Haus verkaufen, um seine Anwälte weiter bezahlen zu können.