US-Geheimdienst NSA bespitzelt auch China

ENTHÜLLUNGEN Nicht nur politische Führung, sondern auch der Netzwerkausstatter Huawei betroffen

PEKING taz | Noch vor einem Jahr haben führende Vertreter der US-Regierung kräftig gegen den weltgrößten Netzwerkausstatter Huawei gewettert und dem chinesischen Privatunternehmen Kumpanei mit der Führung in Peking und Netzspionage vorgeworfen. Nun zeigen die jüngsten Snowden-Enthüllungen: Es verhält sich genau umgekehrt. Chinesische Unternehmen wurden massiv vom US-Geheimdienst NSA ausspioniert.

Wie der Spiegel und die New York Times am Wochenende berichten, haben Spezialeinheiten der NSA über Jahre hinweg nicht nur den damaligen chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao und den Außen- und Handelsminister ausgespäht, sondern auch Banken und Unternehmen, darunter das Telekommunikationsunternehmen Huawei. Die Medien berufen sich auf Unterlagen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Daraus geht hervor, dass sich die NSA Zugang zum geheimen Quellcode verschafft hat und damit in das firmeninterne Netzwerk von Huawei eingedrungen ist. Dabei hätten die US-Amerikaner in großem Umfang Baupläne neuer Produkte, interne Dokumente für das Training von Ingenieuren und Kundenlisten kopiert.

Die Belegschaft der NSA soll den gesamten Mail-Verkehr ab Anfang 2009 mitgelesen haben, inklusive sämtliche Mails von Firmenchef Ren Zhengfei. Huawei wurde 1987 von einem ehemaligen Ingenieur der chinesischen Volksbefreiungsarmee gegründet und dürfte im vergangenen Jahr den bisherigen Marktführer Ericsson abgelöst haben. US-Konkurrent Cisco liegt bereits seit einiger Zeit abgeschlagen auf Platz drei.

Huawei in Bedrängnis

Vergangenen Sommer beschuldigte Ex-NSA-Chef Michael Hayden Huawei der Spionage. In den von Snowden enthüllten internen Papieren des NSA heißt es zur Begründung der umfangreichen Ausspähungen: Der US-Geheimdienst müsse „auf dem Stand der Technik bleiben“.

Die jüngsten Enthüllungen könnten jedoch auch Huawei in Bedrängnis bringen. Denn sie werfen die Frage auf, ob Huawei-Produkte allgemein sicher vor Cyber-Attacken sind. Im Januar hatte Finanzchefin Cathy Meng versichert, Berichte über Sicherheitslücken in Huawei-Systemen seien unbegründet. Die NSA habe keinen Zugang zu Huawei-Produkten. Nun räumt Firmen-Sprecher Sykes ein: „Firmennetzwerke werden konstant aus allen möglichen Richtungen angegriffen – das ist der Status quo im heutigen digitalen Zeitalter.“

FELIX LEE

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