Tote im Flüchtlingslager Dschenin im Westjordanland

NAHOST Bei dem Versuch einer Festnahme erschießen israelische Soldaten drei Palästinenser

JERUSALEM taz | Das palästinensische Flüchtlingslager von Dschenin ist Schauplatz erneuter Gewalt. Milizen der Hamas und der Fatah schwören Rache für die drei Palästinenser, die in der Nacht zum Samstag von israelischen Soldaten erschossen worden waren.

Die Armee war auf der Suche nach dem 22-jährigen Hamas-Aktivisten Hamsi Abu al-Hidscha in das Lager vorgerückt. Als sich der Gesuchte der Verhaftung mit Pistolenfeuer zur Wehr gesetzt habe, hätten ihn die Soldaten erschossen, so ein Militärsprecher. Laut palästinensischen Informationen waren die anderen Todesopfer nicht bewaffnet und starben, als sie die Leiche zu seiner Eltern bringen wollten.

Das Flüchtlingslager Dschenin galt zur Zeit der Zweiten Intifada als Hochburg von Bombenbauern und Hintermännern vieler Selbstmordattentäter. Als im Frühjahr 2002 israelische Panzer und Bulldozer in das Lager eindrangen und ohne Rücksicht auf Wohnhäuser ganze Straßenzüge demolierten, machte sich die Legende eines Massakers breit, was ein UN-Bericht anschließend widerlegte. Fünf Jahre später willigten die Fatah-Milizen einem Waffenstillstand zu. Israel verpflichtete sich umgekehrt dazu, die Verfolgung gesuchter Fatah-Attentäter einzustellen.

Sakarija Sbeidi, ehemaliger Kommandant der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden, versteht nicht, was die Soldaten in seinem Flüchtlingslager zu suchen hatten. „Seit acht Jahren gibt es keine Übergriffe mehr“, meinte Sbeidi auf telefonische Anfrage. Weder Siedler noch Soldaten seien zu Schaden gekommen, trotzdem „erschießen die Soldaten kaltblütig drei Kinder“. Der jüngste der drei Palästinenser war 17 Jahre alt. Bei den anschließenden Unruhen im Lager seien außerdem „30 Palästinenser verletzt worden, einige davon sind noch immer in Lebensgefahr“.

Sbeidi rechnet „mit Problemen“ zwischen dem Volk und der Palästinensische Autonomiebehörde (PA), nachdem im TV-Sender Al-Dschasira ein israelischer Militärsprecher von der „guten Kooperation mit dem PA-Sicherheitsapparat“ berichtet habe. Die Zusammenarbeit der israelischen und palästinensischen Sicherheitsdienste, die im Westjordanland Hand in Hand gegen die Islamisten kämpfen, stößt bei der Bevölkerung auf breite Ablehnung. SUSANNE KNAUL

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