A 380 verheddert sich im Kabelsalat

Der neue Superjet droht für Airbus zu einem Fiasko zu werden: Schon wieder verzögert sich die Auslieferung. Offenbar hat das Unternehmen luxusorientierte Sonderwünsche von Kunden unterschätzt, die einen ständigen Abgleich der Elektrik erfordern

Aus Berlin ROB CURRAN

Der europäische Flugzeugbauer Airbus wird 2007 voraussichtlich nur halb so viele A 380-Superjumbos ausliefern können wie geplant. Das werde der Konzern in den nächsten Tagen bekannt geben, meldeten die französische Wirtschaftszeitung Les Echos und die Nachrichtenagentur AFP gestern übereinstimmend. Nach Ansicht von Experten hat der Konzern seinen Kunden mehr Luxus versprochen, als seine Ingenieure in der vorgesehenen Zeit umsetzen können.

Bereits im Juni hatten erste Produktionsschwierigkeiten Airbus-Chef Gustav Humbert und den Vorstandvorsitzenden des Airbus-Mutterkonzerns EADS, Noel Foregeard, um ihre Jobs gebracht. Und erst vor wenigen Tagen war durchgesickert, dass die europäische Behörde für Flugsicherheit die Musterzulassung statt Anfang Oktober erst im Januar erteilen wolle.

Analysten gehen davon aus, dass die Hauptprobleme dieses Mal die gleichen sind wie schon im Juni: die Verkabelung und Sonderwünsche der Kunden. Dabei handelt es sich nicht um die Verbindungen des Kontrollcomputers zu den Maschinenteilen und Motoren – denn die funktioniert im Rest der Airbus-Flotte nach dem gleichen System. Vielmehr geht es um Kabel für elektrische Sitze, ausgefeiltes Video- und Cocktailbar-Equipment und Stimmungsbeleuchtung sowie Fitnessräume und Büros. Airbus-Sprecher Justin Dubon erklärte, in jedem Flugzeug seien 500 Kilometer Kabel verarbeitet. Und bei jeder Veränderung müsse man umfangreiche technische Abstimmungen vornehmen.

Finanzanalyst Nils Machemehl von MM Warburg sagte, die Airbusverkäufer hätten so viele Extras verkauft, dass die Techniker gar nicht die Chance hatten, in der geplanten Frist fertig zu werden. Luftfahrtexperte Adam Pilarki vom Beratungsunternehmen Avitas erklärte, es sehe so aus, als seien manche Entscheidungen in Hamburg, Toulouse und in den Verkaufsbereichen in den USA von Partialinteressen geleitet gewesen.

Trotz aller bisherigen Probleme erwarten die meisten Analysten jedoch immer noch, dass der Riesenjumbo ein Erfolg wird. Begründung: Er schließt eine Marktlücke und hilft sowohl Fluggesellschaften, die nicht genug Plätze anbieten können, als auch Flughäfen, die nicht genug Gates haben. Auch die Lufthansa, so Machemehl, sei für ihre Wachstumspläne auf Maschinen in A 380-Größe angewiesen.

Das bestätigen die Erfahrungen des ersten Airbus-Kunden, Sinapore Airlines: Zwar kann die Fluggesellschaft den ersten A 380 erst im April statt wie versprochen schon im Dezember in Betrieb nehmen. Aber ein Sprecher sagte, man habe bereits Anfragen von Kunden vorliegen, die „jeden Preis“ für Tickets für den ersten kommerziellen Flug des Superjumbos zahlen wollten. Deshalb überlege man, für A 380-Flüge generell erhöhte „Premiumpreise“ zu verlangen.

Momentan hat Airbus 159 Aufträge für den A 380, unter anderem von Lufthansa, Air France, Qantas und China Southern. Eine der größten Orders kommt von der nationalen Airline der Vereinigten Staaten. Um die Kosten zu decken, muss Airbus 300 Maschinen verkaufen.