„Wir setzen unseren Ruf aufs Spiel“

Der SPD-Abgeordnete Ortwin Runde hat gegen den Einsatz der Bundeswehr im Libanon gestimmt

taz: Herr Runde, Sie haben als Sozialdemokrat gegen den Einsatz der Bundeswehr im Libanon gestimmt und damit gegen die Mehrheit in Ihrer Fraktion. Warum?

Ortwin Runde: Es gibt drei Gründe, die gegen diesen Einsatz sprechen. Der erste: Deutschland ist in der Normalität der Völkergemeinschaft noch nicht angekommen. Ein deutscher Beitrag zum Frieden in Nahost kann deshalb nicht wie der jeder anderen Nation aussehen. Zweitens: Die zurückliegende Unifil-Mission im Libanon war, wie die Vielzahl der Todesopfer gezeigt hat, alles andere als ungefährlich. Und drittens: Die Erwartungen der arabischen Länder und Israels an die Bundeswehr unterscheiden sich deutlich. Es kann sein, dass wir deswegen keinen konstruktiven Beitrag zur Friedenssicherung leisten werden können.

Das Argument der Bundesregierung, Deutschland könne sich gerade wegen seiner besonderen Beziehung zu Israel einem Einsatz nicht verweigern, lassen Sie nicht gelten? Schließlich will auch Israel den Einsatz.

Aus der historischen Verantwortung Deutschlands für Israel ergibt sich für mich eine aktive Rolle in der Region – auf dem Feld der Diplomatie. Ein militärischer Einsatz ist jedoch nicht Teil dieser Verantwortung.

Die Marine wird aber nach Waffen suchen, die auf Schiffen ins Land geschmuggelt werden könnten. Ein Einsatz auf dem Boden ist nicht geplant. Wäre diese Eingrenzung nicht ein Grund gewesen, dem Antrag zuzustimmen?

Nein. Denn: Kann sich die Bundesregierung wirklich dauerhaft auf die Beschränkung unseres Engagements berufen? Vor allem dann, wenn Soldaten anderer, an Unifil beteiligter Länder im Kampf am Boden sterben? Ich glaube nicht. Dann werden wir ein Problem haben, weil wir nicht mehr vermitteln können, wieso wir nicht das gleiche Risiko eingehen wie andere Nationen.

Andere Länder kennen sicher die besondere Beziehung Deutschlands zu Israel.

Schon, aber unsere Reputation im Nahen Osten beruht auf unserer zuverlässigen, kontinuierlichen humanitären Hilfe und den diplomatischen Initiativen. Diesen Ruf setzen wir mit dem Einsatz aufs Spiel.

INTERVIEW: D. SCHOTTNER