LESERINNENBRIEFE
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Es besteht Klärungsbedarf

■ betr.: „Turbo-Abi bald Geschichte“, taz.nord vom 21. 3. 14

Die Öffentlichkeit hat enormen Druck ausgeübt, damit schnell politische Entscheidungen fallen. Dem hat die Politik nicht standgehalten. Somit fehlte notwendige Reflexionszeit, um die Problemlagen ausreichend zu erfassen, neuere Konzeptionen in die Überlegungen einzubeziehen und sich länderübergreifend abzustimmen. Die jetzigen Veränderungen zeigen leider einen rückwärtsgewandten Schnellschuss, der vermutlich nicht der letzte sein wird: 1. Der bundesdeutsche Flickenteppich in Bezug auf gymnasiale Strukturen nimmt weiter zu. 2. Würde die KMK-Konferenz (Konferenz der Kultusminister) beschließen, die Pflichtstundenzahl für SchülerInnen ein wenig zu senken, wären die hohen Stundenzahlen im G8 für SchülerInnen nicht nötig gewesen. 3. Geht man davon aus, dass gleichaltrige SchülerInnen ungleiche Befähigungen und ungleichzeitige Entwicklungsmöglichkeiten haben, brauchen sie unterschiedliche Lernzeiten, um die vorgegebenen Unterrichtsziele zu erreichen. 4. Der Unterrichtsstoff solle im kommenden G9 nicht vermehrt werden und das Abitur solle auf jetzigem Niveau erhalten bleiben, sagt die Kultusministerin. Merkwürdig ist, wie hier ein im Kern umstrittener und fragwürdiger Zustand nur zeitlich etwas gedehnt und zur erhaltenswerten Norm deklariert wird. Es besteht Klärungsbedarf: Wird fächerübergreifende kulturelle Bildung im Sinne eines aktualisierten Humboldt’schen Bildungsverständnisses angestrebt? Ist der Erwerb notwendiger handlungsorientierter Selbstkompetenzen möglich? Werden Qualifikationen erworben, durch die unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft verantwortungsvoll weiterentwickelt werden können? WERNER FINK, Hannover

Kein Hin und Her

■ betr.: „Turbo-Abi bald Geschichte“, taz.nord vom 21. 3. 14

Das verkürzte Abitur sorgte von Anfang bis Ende für viel Unmut bei Schülern, Eltern und Lehrern. Bis heute ist die einstige Einführung oder eher gesagt der Umsturz mehr als zweifelhaft. Seinerzeit gab es Verbände, die sich für G8 aussprachen und später gegenteiliges einforderten. Ist es nicht so, dass wir die Probleme nicht hätten, würde nicht so viel in der Bildung experimentiert? Ist es nicht ein grundsätzliches Problem, dass wir uns permanent in kleinen abgehackten Reformen bewegen? Letzteres findet auch auf die eingeführte Oberschule in Niedersachsen Anwendung, die zwar eingeführt wurde, die aber eigentlich doch keiner so wirklich haben will – abgesehen von den einstigen Erfindern. Mehr Kontinuität im Schulwesen gibt Schülern, Eltern und Lehrern mehr Raum, um sich um das Wesentliche in der Schule zu kümmern – um die Bildung. Ich bin kein Gegner von Reformen, nur darf es kein andauerndes Hin und Her sein. Die Wiedereinführung des G9 ist konsequenterweise dieser Logik nach Teil des angeklagten Hin und Her und doch sage ich, ein neues G9 bietet unheimliche Chancen zum ganzheitlichen Lernen. Es ist gut, dass nun endlich den berechtigten Klagen Rechnung getragen wird. Dass es auch andere Möglichkeiten gegeben hätte, sei dahin gestellt. Adieu Turbo-Abitur, es wäre ein Fehler, einen Fehler nicht zu korrigieren. KEVEN KNIPPING, Schüler in Hannover-Roderbruch

Gewohnter Eskalationsgedanke

■ betr.: „Gedenken von Neonazis gestört“, taz.nord vom 17. 3. 14

Diese Gegendemonstration der „Antifa“, die sich trotz der klaren Worte vom trauernden Zwillingsbruder des getöteten Daniel S. nicht vom gewohnten Eskalationsgedanken verabschieden wollte, war der Gedenk-Situation der Weyher Mahnwachen in keinster Weise angemessen. Jeder hat das Recht, im Rahmen der demokratischen Grundordnung seinen Beweggründen Ausdruck zu verleihen. Die „Antifa“ verhält sich hingegen aufgrund ihrer selbstverordneten moralischen Überlegenheit einmal mehr wie eine Walze, die auf nichts und niemanden mehr Rücksicht zu nehmen scheint. Wenn dies ein Modell für die Zeit nach ihrer angestrebten „Systemüberwindung“ sein sollte, dann wäre das nichts anderes als Faschismus, nur eben von links. Die „Antifaschisten“ haben bei der Mahnwache in Weyhe wieder einmal deutlich gezeigt, dass sie diesen Widerspruch nicht aufzulösen imstande sind. OLIVER MEIER, Bremen (Bürger in Wut)