Der Duellant

Nach aggressiven Überholmanövern auf der Autobahn steigt Dortmunds IHK-Präsident mit Waffe aus dem Auto

Showdown auf der Dortmunder Hafenautobahn: Eine Kawasaki und ein BMW bremsen sich aus. Im BMW – Udo Dolezych, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund. Auf der Kawasaki – Ingo Drummer, Dortmunder Motoradfaher. Noch unbeteiligt im Handschuhfach des BMWs – ein Elektroschockgerät.

Lügner nennen sie sich jetzt beide. Und Verkehrsrowdies. Und gemeingefährlich. Von der Kawasaki aus geht die Geschichte so: Ingo Drummer fährt mit exakt 120 km/h auf der linken Spur. Plötzlich taucht einen halben Meter hinter ihm lichthupend ein BMW auf. Ingo Drummer fährt nach rechts rüber. „Dann hat er sich vor mich gesetzt und voll abgebremst“. Dabei fotografierte ihn der Fahrer. Ingo Drummer fährt dem BMW hinterher. Er hält auf einem Firmenparkplatz. Als er vom Motorrad absteigt, geht auch die Autotür auf. Heraus kommt ein Mann, der ein Elektroschockgerät auf ihn richtet.

Aus BMW-Perspektive geht die Geschichte so: Ein rasend schnelles Motorrad überholt ihn von rechts. Er gibt Lichthupe und überholt dann ganz behutsam und vorschriftsmäßig von links. Das Motorrad verfolgt ihn. Er fühlt sich bedroht und holt die Waffe aus dem Handschuhfach.

Und auch die hat eine wilde Geschichte: Erst vor ein paar Wochen wurde der Freund von Dolezychs Tochter im Auto erstochen, erzählte der Wirtschaftsboss der Westfälischen Rundschau. Seit dem habe er sich mit einem Elektroimpulsgerät bewaffnet – das im Übrigen keinem Verbot unterliege.

Die Beteiligten haben sich gegenseitig wegen Nötigung angezeigt, die Dortmunder Polizei sucht jetzt nach Zeugen der Autojagd.

Bei der IHK Dortmund will lieber niemand zu dem Vorfall Stellung nehmen. Pressechef: Im Urlaub. Präsident Dolezych: Auf Auslandsreise. Mit BMW? Man weiß es nicht.

Die hohen Posten bei der Industrie- und Handelskammer in Dortmund sind traditionell mit wilden Geschichten verbunden. 26.000 Mark IHK-Geld spendete der ehemalige Hauptgeschäftsführer René Scheer im Kommunalwahlkampf an die CDU. Als die Geschichte 2004 aufflog, flog er gleich mit. Auch hier gab es natürlich eine weitere Erzählperspektive: Journalisten schmeißen mit Dreck, zum Beispiel.

Und das Ende ist, wie so oft, offen: Die Waffe liegt im Polizeipräsidium, alle warten gespannt auf die Gerichtsverhandlung.

MIRIAM BUNJES