Licht und Kunst: Michael Batz

Manchmal ist er ein bisschen gereizt, weil ihn kaum noch jemand als linken Künstler bezeichnen mag. Darüber, dass fast schon vergessen ist, dass er in den Neunzigern Dramaturg der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel war. Dass er auch seither immer wieder engagierte Stücke gemacht hat.

Denn Michael Batz ist während der letzten Jahren eher als Beleuchter Hamburger Gebäude ins Bewusstsein gedrungen. Pointiert hat er Details von Rathaus- und Hotelfassaden ausgeleuchtet und einen Teil der Hamburger Speicherstadt illuminiert. Eine verdienstvolle Tätigkeit, die man allerdings ungern als politisch bezeichnen würde.

Scharfe Kritik Hamburger Künstler trugen Batz während dieses Sommers auch die aus Neon gefertigten „Blue Goals“ ein, die noch bis Ende September die Stadt erhellen – installiert in einem Prozess schleichender Vermehrung: Erst auf der Alster, dann auf immer mehr Dächern erstrahlte es blau. Inzwischen existiert auch eine handliche Fensterbank-Version.

Nein, mit Fußball hätten die Fußballtoren täuschend ähnlichen Goals nichts zu tun, beteuerte der des Opportunismus bezichtigte Batz immer wieder. Allerdings hatte die Aktion just zu Beginn der Fußballweltmeisterschaft begonnen; das ließ manche skeptisch werden. Als seicht und allzu senats-, PR- und medienkompatibel wurde die Aktion teils empfunden, als eines politisch engagierten Künstlers nicht würdig.

Doch auch Künstler müssen Geld verdienen, und Städte zu beleuchten bringt eben welches. Ein Faktum, das ihm niemand ankreiden würde, wäre seine Polit-Kunst nicht so selten geworden. Fünf Jahre hintereinander hat Batz zum Beispiel zum Holocaust-Gedenktag Textcollagen gefertigt, die sich aus Dokumenten speisen und Poesie und Schock kombinieren. Die Ermordung der Sinti und Roma sowie die Rolle der Alsterdorfer Behindertenanstalten während des Dritten Reichs hat er zum Thema gemacht. Ein anderes seiner aus Text und Musik komponierten Oratorien war dem Hamburger Hannoverschen Bahnhof gewidmet, der den Nazis als Ausgangsort für Deportationen diente.

In seinem neuesten Werk nimmt er ein Ziel der vor den Nazis Geflohenen in den Blick: „Hamburg – Hongkew“ heißt das von Schauspielern und Musikern vorgetragene Stück. Hongkew war jener Shanghaier Stadtteil, in den Flüchtlinge damals ohne Papiere einreisen konnten. Ein Areal, das alles andere als idyllisch war, in dem sich die Flüchtlinge aber mit kleinen Läden am Leben erhalten konnten. „Shanghai war kein Honig, doch es war kein Holocaust und auch kein KZ“ sagt einer der Protgonisten des Batz‘schen Stücks. Das Leben in dem von japanischen Besatzern dominierten Stadtteil war ärmlich, aber sicher. Jedenfalls zunächst. Später begannen die Nazis auf ihre japanischen Verbündeten Druck auszuüben, und Hongkew wurde zum Getto. In dem es sich aber immerhin überleben ließ. PS

Lesung: Sa, 23.9., 15 Uhr, Hamburger Schauspielhaus