DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Eine Gala zum Abschalten

WAS SAGT UNS DAS? Beim Deutschen Fernsehpreis schafft es die Branche nicht mal mehr, sich selbst zu feiern. Trotz nordkorea- nischen Sicherheitsabstands

Der deutsche Fernsehpreis ist am Ende, er zuckt nicht mal mehr richtig

Hannes Jaenicke ist der Mr. Agitprop des deutschen Fernsehens: Er rettet mal eben Wale oder Gorillas (siehe Medien, Seite 18) und trägt als Einziger beim Deutschen Fernsehpreis neben dem kleinen „Ich bin preiswert“-Protest-Anstecker auch noch einen Anti-Stuttgart-21-Button. Das haben aber nur die lieben Kollegen mitbekommen, die in Köln mit dabei sein durften. Wir anderen bekamen eine Gala zum Abschalten. Das taten dann auch zwei Drittel der ZuschauerInnen, die vorher noch dem ARD-„Tatort“ aus Münster gefrönt hatten.

Das deutsche Fernsehen, das sagen Senderchefs wie SchauspielerInnen, aber auch die beim Deutschen Fernsehpreis nunmehr ausgesperrten Regisseure, Drehbuchautoren und sonstigen Gewerke, sei eines der besten der Welt. Feiern kann es sich nicht. Kein Pomp und Circumstance, dafür ängstliche Mienen, ob denn wohl vom Protest der Kreativen etwas aufscheinen würde.

Allen voran bei der ARD, die dieses Jahr mit der Ausrichtung des müden Spektakels dran war und aus Angst vor kreativer Störung vorsorglich zwischen dem Event (Beginn: Samstag, 19.00 Uhr) und seiner Ausstrahlung (Sonntag, 21.45 Uhr) einen nordkoreanischen Sicherheitsabstand eingebaut hatte. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das nur noch eins – peinlich. Denn neben ein paar netten Andeutungen auf der Bühne blitzte ohnehin nur eins auf: Die kleinen „Ich bin preiswert“-Anstecker reflektierten das Scheinwerferlicht. Was draufstand, konnte man als gemeine Sofakartoffel zwar sowieso nicht lesen.

Dafür sprach Bände, wer alles nicht da war: Der gleich zwei Mal ausgezeichnete Dominik Graf lies schön grüßen, Günther Jauch war auf seinem Weinberg unabkömmlich, Götz George kam nur per Video.

Der deutsche Fernsehpreis ist in seinem zwölften Jahr am Ende, er zuckt nicht mal mehr richtig. Dabei gehört der TV-Jahrgang 2009/2010 bei beiden Sendertypen gewiss nicht zu den Schlechtesten. Aber was ist auch von einem Preis zu erwarten, dem die Webfehler schon mit der Geburt eingewirkt wurden: Denn wer stiftet den Preis? Die vier großen Sendergruppen (ARD, ZDF, ProSiebenSat.1, RTL). Und wer wird ausgezeichnet? Letztlich die vier großen Sendergruppen (ARD, ZDF, ProSiebenSat.1, RTL). Da geht es um Proporz und das „auch mal dran sein“, um gespielte Chancengleichheit und Gleichwertigkeit im dualen System von Privaten und Öffentlich-Rechtlichen. Sinn macht das wenig, und mittlerweile haben die Sender alles dazu getan, dass sich diese Erkenntnis überall Bahn bricht. Dafür kann man dann allerdings schon wieder ein bisschen dankbar sein. STG