Rasende Fahrt in den Tod

Auf der Transrapidstrecke ist eine Magnetschwebebahn mit einer Werkstattplattform kollidiert. Vermutlich 21 Tote

Die Hersteller haben bisher immer wieder das Risiko einer Kollision ausgeschlossenBundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am Nachmittag die Unfallstelle im Emsland

AUS BERLINSTEPHAN KOSCH

Ein Transrapidunglück auf der Teststrecke im Emsland hat gestern zahlreiche Tote gefordert. Bis zum Nachmittag stand die Zahl der Opfer noch nicht fest. Nach Angaben der Polizei wurden zunächst noch 10 der insgesamt 29 Insassen lebend geborgen, doch später war von 21 Toten die Rede. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie nicht mehr lebend geborgen werden“, sagte Bröring über die übrigen Insassen und die zwei Arbeiter auf der Plattform, mit der die Magnetschwebebahn zusammengestoßen war.

Der Transrapid war auf einer Messfahrt unterwegs und am Morgen gegen 9.30 Uhr mit rund 200 Stundenkilometern auf offener Strecke in einen Werkstattwagen gefahren. Der pfeilförmige Zug bohrte sich unter den Arbeitswagen und schleuderte ihn hoch. Rund 300 Meter raste das verkeilte Wrack noch weiter, verteilte Schrottteile links und rechts der Strecke. An Bord des Transrapids waren 29 Menschen. Die Sprecherin der Betreibergesellschaft IABG, Monika Amler, sagte einer Nachrichtenagentur, 23 von ihnen waren Passagiere, hinzu kamen Crewmitglieder wie der Zugführer und ein Besucherbetreuer. Die Strecke ist grundsätzlich nicht für die Öffentlichkeit geöffnet, allerdings sind Fahrten von Besuchergruppen nach Vereinbarungen mit dem Betreiber möglich.

Die IABG sah als Ursache für das Unglück menschliches Versagen. „Nach derzeitigem Erkenntnisstand hat der Unfall keinen technischen Hintergrund“, sagte IABG-Geschäftsführer Rudolf Schwarz.

Die Bergung der Verletzten aus der auf Stelzen stehenden Bahn gestaltete sich schwierig. Der stark zerstörte Zug selbst stand noch auf der Trasse. Der vordere Bereich der Bahn wurde total zerstört und hing teilweise von der rund fünf Meter hohen Trasse herunter. Wrack- und Trümmerteile wurden bis zu 300 Meter weit geschleudert. Unter den Stelzen lagen metergroße Trümmer. Ganze Teile der Zugverkleidung waren durch die Wucht des Aufpralls herausgerissen worden und in die Tiefe gestürzt. Retter eilten in Hubschraubern und mit Krankenwagen an den Unfallort nördlich des Bahnhofs Lathen. Von Feuerwehr-Drehleitern aus versuchten sie, die in den Waggons eingeschlossenen Menschen zu erreichen. Bis zum Abend sollte die Bergung der Verletzten und Toten abgeschlossen sein.

Das Unglück dürfte einen schweren Schatten auf die derzeit stattfindenden Verhandlungen über weitere Transrapidstrecken werfen. So brach Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestern seinen Besuch in China ab und reiste vorzeitig zurück. Die Nachricht von dem Unfall hatte ihn in Peking während eines Gesprächs mit dem chinesischen Eisenbahnminister Liu Zhijun erreicht. Bei den Verhandlungen dürfte auch die geplante zweite Transrapid-Trasse in China Thema gewesen sein. Über die Konsequenzen für die Verhandlungen mit China über die Verlängerung der ersten kommerziellen Magnetbahnstrecke der Welt in Schanghai wollte sich Tiefensee nicht äußern. „Das steht jetzt nicht auf der Tagesordnung.“ Tiefensee richtete einen Krisenstab ein. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel reiste am Nachmittag zur Unglücksstätte.

Die Kollision sorgte bereits gestern für eine Diskussion über die Sicherheit des Transrapids. So warnte der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vor „schnellen Schlüssen“ zur Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Transrapids. „Im jahrelangen Betrieb in Deutschland und China hat sich der Transrapid bisher als sehr sicheres Verkehrsmittel erwiesen“, sagte Eichel, der dem Parlamentarischen Gesprächskreis Transrapid vorsitzt. Eichel wohnt in Kassel, dem Baustandort des Transrapids, und hat sich seit langem für die Magnetschwebetechnik eingesetzt.

CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer forderte vor allem ein Überdenken des Sicherheitskonzepts. Denn in der Vergangenheit sei von den Entwicklern und Herstellern immer wieder darauf hingewiesen worden, dass es sich „um eine vom Risiko der Kollision freie Technik handele.“ mit Agenturen