Das falsche Versprechen der Sicherheit
: KOMMENTAR VON STEPHAN KOSCH

Der verunglückte ICE in Eschede, die brennende Concorde in Paris, jetzt der Transrapid im Emsland – Unglücke dieser Art brechen für einen Moment den Glauben an den Segen der Mobilität und des technischen Fortschritts. Ihre Bilder formen eine Ikonografie des Zweifels. Mahnend – doch letztlich ohne Auswirkung.

Denn längst steigen wir wieder in Flugzeuge und Hochgeschwindigkeitszüge, wissend um das Risiko und es gleichzeitig verdrängend. Kein entgleister Zug, kein abgestürztes Flugzeug stellt die jeweiligen Verkehrssysteme grundsätzlich in Frage. Darin liegt aber der Unterschied zum Unfall des Transrapid. Obwohl er seit Jahrzehnten als Transportmittel der Zukunft propagiert wird, ist er bisher – aus guten Gründen – nicht Teil des Alltags geworden.

Die Hersteller wollten das ändern. Deshalb haben sie sich für Strecken in China und Deutschland stark gemacht, die mit milliardenschwerer öffentlicher Förderung gebaut werden sollen. Eines ihrer schärfsten Verkaufsargumente für diese Technik war die Sicherheit. Dieses Argument ist seit gestern hinfällig. Dass der Bundesverkehrsminister seinen Chinabesuch, mit dem er auch den Bau einer weiteren Transrapidstrecke unterstützen wollte, abgebrochen hat, ist mehr als nur die übliche Reaktion auf große Unglücke im Heimatland. Es verdeutlicht, dass die Vertreter dieses für Deutschland und insbesondere auch für München unnötigen und teuren Verkehrsträgers noch stärker als bisher in die Defensive geraten sind.

Dabei wird den Verkäufern auch ihr Hinweis auf menschliches Versagen nicht nützen. Daran mag es gelegen haben, dass das Hindernis auf der Strecke stand – aber nicht, dass es zur Kollision mit ihren schrecklichen Folgen kam. Die Zweifel an diesem System haben nun an Gewicht gewonnen. Das ist keine Häme, kein Zynismus, sondern die logische Konsequenz eines tragischen Unglücks. Das Verhältnis von Pro und Contra im Streit um die Sinnhaftigkeit des Transrapids in Deutschland hat sich gestern geändert. Er ist nun kein schmuckes, stilles und sicheres Projekt mehr, für das Technikbegeisterte und Fortschrittsfreunde schwärmen, denen die Kosten und die Kritik egal sind.