Thema verfehlt

Sie soll der „fiktionale Höhepunkt“ des ZDF-Programmschwerpunkts Bildung sein: die lahme Komödie „Der beste Lehrer der Welt“ (20.15 Uhr)

Von Peter Luley

Vor gut einem Monat, am 23. August, lief in der ARD die Dokumentation „Beruf Lehrer“. Wilma Pradetto und Thomas Schadt zeigten darin unaufgeregt den Alltag von Pädagogen an einer Mannheimer Realschule – nicht im Stil einer Problemreportage, sondern in Form einer nüchternen Bestandsaufnahme. Wie die Lehrkräfte da als Entertainer, Dompteure, Dialogpartner und eher nebenbei als Wissensvermittler zu erleben waren, das bescherte dem Zuschauer überaus erhellende Einblicke in die Realität an deutschen Schulen – und hätte auch dem aktuellen ZDF-Programmschwerpunkt Bildung gut zu Gesicht gestanden.

Seit vergangenem Donnerstag, als Gert Scobel und Charlotte Roche nächtens (!) die frisch vorgestellte Shell-Jugendstudie 2006 diskutierten, greift der Mainzer Sender mitsamt seinen Schwestern 3sat, Phoenix und Arte, den Digitalablegern und dem KiKa das viel diskutierte Thema unter dem Motto „Das Zweite macht Schule“ in diversen Formaten auf – sicher ein honoriges Unterfangen ganz im Sinne der jüngsten, allgemein gelobten öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt-Projekte Organspende (ZDF) und Krebs (ARD). Was das Zweite allerdings heute als „fiktionalen Höhepunkt“ der Unternehmung anpreist, ist beklagenswert mau: ein belangloses Komödchen mit dem herzigen Titel „Der beste Lehrer der Welt“.

Uwe Ochsenknecht verkörpert den melancholischen Studienrat Gustav Kilian, den neben ständigen Selbstzweifeln auch handfeste Probleme mit Kollegen plagen: Weil er lieber eigenwillige Kochprojekte durchführt, als Tests zu schreiben, und künftig überhaupt keine Noten mehr geben will, gilt Kilian an der Kaspar-Hauser-Gesamtschule als nicht mehr tragbar.

Doch just als der kumpelige Pauker mit einem Schüler rauchend und Wodka trinkend am Klassenzimmer-Fenster steht, beehrt eine Ministerialbeamtin mit sensationellen Neuigkeiten die Schule: Bei einem weltweiten Wettbewerb belegten ausgerechnet Kilians Schützlinge die ersten Ränge. Fortan wird der Loser allseits hofiert, der Direktor gibt „Lernlust statt Pisa-Frust“ als Parole aus – bis vorhersehbarerweise Zweifel an der Echtheit des Triumphes auftauchen.

Komödiantische Funken versucht der von Lars Becker inszenierte Film (Buch: Dieter Bongartz) dabei vor allem aus Kilians Umgang mit der unverhofften Ehre zu schlagen: Da faselt der Verfechter ganzheitlichen Lernens beim Festakt mit dem Bildungsminister vom toten Pferd, das man nicht reiten solle. Doch leider bleibt das überdrehte Geschwafel haltlos – genauso wie vorher Kilians pädagogische Einstellung mehr behauptet als nachvollziehbar gemacht wurde.

So fehlt wirkliche Reibung, und eventuell beabsichtigte Spitzen gegen Bürokratie laufen ins Leere. Gerade wer wirklich alternativen Lehrmethoden anhängt, dürfte sich über diese Wurschtigkeit ärgern – alle anderen bekommen die Bestätigung von Klischees geliefert. Da vermag auch die nicht üble Besetzung (u. a. Gustav Peter Wöhler, Natalia Wörner) nichts rauszureißen.

Am Thema Interessierte sollten sich besser die weiteren Doku-Termine vormerken: Am Dienstag geht es in der „37°“-Reportage „Mein Kind ist doch nicht dumm!“ (22.15 Uhr) um drei Mädchen mit Lernschwächen, am Mittwoch setzt das ZDF mit dem Beitrag „S.O.S. Schule – Neuanfang im Klassenzimmer“ (22.15 Uhr) eine sechsteilige Reihe fort, die bereits im Mai die Situation an einer Berliner Hauptschule unter die Lupe nahm.