Nachricht von Abdi

VERSCHWINDEN Der deutsche Menschenrechtler Ismail Abdi sitzt in einem syrischen Gefängnis

„Hat sich die deutsche Regierung ausreichend um meinen Vater bemüht?“

ABDIS TOCHTER FARAH

BERLIN taz | Aus Syrien gibt es ein Lebenszeichen von dem Mitte August verschwundenen deutschen Menschenrechtler Ismail Abdi. Nach Informationen des Menschenrechtsportals KurdWatch befindet sich Abdi in der Haftanstalt von Adra nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Siamend Hajo von KurdWatch sagte der taz, ein Informant seiner NGO habe Akteneinsicht nehmen können, zudem hätten Abdis Bruder und ein Rechtsanwalt Abdi besucht. Demnach sei dieser angeklagt, im Ausland Falschaussagen über den syrischen Staat und seine Regierung verbreitet zu haben. Das Auswärtige Amt wollte die Informationen nicht bestätigen. Man habe weiter keinen konsularischen Kontakt zu dem Inhaftierten, sagte ein Sprecher der taz.

Der kurdischstämmige Jurist war vor 13 Jahren nach Deutschland geflüchtet und seit 2006 deutscher Staatsbürger. Als Vorsitzender des deutschen Komitees zur Verteidigung der demokratischen Freiheiten und der Menschenrechte in Syrien hatte Abdi regimekritische Publikationen veröffentlicht. Offensichtlich wird er nun wegen seiner regimekritischen Tätigkeit gefangen gehalten. Der gegen ihn vorgebrachte Artikel 287 des syrischen Strafgesetzbuchs sieht laut Aktivist Hajo mindestens sechs Monate Haft vor.

Das Zentralgefängnis von Adra, in dem Abdi jetzt untergebracht sein soll, hat wegen seiner Haftbedingungen keinen guten Ruf. Zudem ist Abdi nach Angaben seiner Tochter Farah schwer asthmakrank, leidet an Magenproblemen und Migräne. Wenigstens wisse man jetzt: „Er ist am Leben“, sagte Farah Abdi der taz.

Ihr Vater hatte in Syrien seine im Sterben liegende Mutter besuchen wollen und sich wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft sicher gewähnt. Syrien entlässt allerdings niemanden aus seiner Staatsbürgerschaft. Beim Versuch der Rückreise nach Deutschland war Abdi am 23. August am Flughafen von Aleppo festgenommen worden.

Dass nicht das Auswärtige Amt, sondern eine Nichtregierungsorganisation mit Neuigkeiten im Fall Abdi aufwarten konnte, sorgt für Verwunderung. Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein zeigte sich gegenüber der taz „irritiert, dass eine Nichtregierungsorganisation etwas zustande bekommt, was das Auswärtige Amt offensichtlich nicht schafft“. Auch Abdis Tochter Farah findet das „sehr traurig“. Man müsse sich fragen, „ob sich die deutsche Regierung ausreichend bemüht“ habe.NIKLAS WIRMINGHAUS