Bauwirtschaft an die Leine genommen

VORSTOSS Mit einem Mustervertrag will der Senat die Bezirke in den Verhandlungen mit Wohnungsbauinvestoren unterstützen. Ziel: mehr bezahlbarer Wohnraum

Der Senat will private Investoren beim Wohnungsbau stärker in die Pflicht nehmen. Mit so genannten städtebaulichen Musterverträgen soll den Bezirken ein Leitfaden an die Hand gegeben werden, um auch den Bau von bezahlbaren Wohnungen oder Kitas und Spielplätzen durchzusetzen. Am Donnerstag stellte Noch-Baustaatssekretär Ephraim Gothe den Entwurf den Baustadträten der zwölf Bezirke vor.

Bereits im Januar 2013 hatten SPD-Fraktionschef Raed Saleh, Landeschef Jan Söß und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in einem Papier gefordert, die Planungsgewinne bei der Ausweisung von Bauland stärker abzuschöpfen. Wenn der Bezirk ein Grundstück, das etwa normalerweise nur 50 Euro pro Quadratmeter wert ist, in Bauland umwandelt, steigt der Wert um ein Vielfaches. Bislang haben die Eigentümer diesen Planungsgewinn eingestrichen. Andere Städte wie Hamburg oder München dagegen verpflichten Investoren, auch bei privaten Bauvorhaben günstige Wohnungen zu bauen.

Mit dem Mustervertrag will die Bauverwaltung nun einheitliche Standards für die Bezirke schaffen. So soll sich ein Investor „in angemessener Weise an der Infrastruktur beteiligen“ sowie ein Drittel der Wohnungen zu bezahlbaren Mietpreisen erstellen. Insgesamt soll damit der Planungsgewinn zu 50 Prozent in der öffentlichen Hand bleiben.

„Einheitliche Grundlage“

Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) begrüßte den Entwurf. „Damit gibt es eine einheitliche Grundlage, die sowohl für die Bezirke als auch für Investoren gilt.“ Bisher haben die Bezirke mit den Investoren individuell Verträge ausgehandelt, dabei in der Regel aber wenig erreichen können. „Das jetzige Verfahren schafft da Sicherheit.“

Bereits am Montag hatte Bausenator Michael Müller (SPD) den Entwurf den Verbänden der Wohnungswirtschaft vorgestellt. Dort wurde auch Kritik laut. „Bei den Leitlinien zu den städtebaulichen Verträgen sehen wir ganz erheblichen Nachbesserungsbedarf“, sagte Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU. „In der derzeit angedachten Form behindern sie Wohnungsneubau eher, als dass sie ihn unterstützen.“

Bis April sollen die Beratungen dauern, dann soll der Mustervertrag im Senat beschlossen werden. Darüber hinaus soll es einen Praxistest geben und die Rechtssicherheit per Gutachten geprüft werden. UWE RADA