Ein Stein zum großen Wurf

Die Landesregierung will die Verwaltung liften. 37 Sonderbehörden sollen dran glauben und ihren Teil zur großen Reform beitragen. Widerstand gegen Jobabbau und neue „Präfekten“

VON KATHARINA HEIMEIER

Für den großen Wurf der Verwaltungsstrukturreform peilt die schwarz-gelbe Landesregierung die Mitte der nächsten Legislaturperiode an – also ungefähr das Jahr 2012. Heute werfen die Koalitionäre aber immerhin schon einen kleinen Stein ins Wasser. In den Düsseldorfer Landtag wird ein „Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen“ eingebracht. Dahinter verbirgt sich die ab 2007 geplante Auflösung von 37 so genannter „Sonderbehörden“, darunter vor allem Umweltbehörden. Das Landesumweltamt und die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten sollen größtenteils in einer neuen Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz aufgehen.

Als „vorbereitende Schritte“ zum großen Wurf bezeichnet das Rainer Lux, Verwaltungsexperte der CDU-Landtagsfraktion. „Das ist ein deutliches Signal gegen den Wildwuchs“, sagt er. Horst Becker, verwaltungspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, sieht das Signal allerdings an einen anderen Adressaten gerichtet: „Die Regierung will der eigenen Klientel Tätigkeit zeigen.“ Denn der Rest der Reform brauche viel mehr Zeit. Die jetzt geplanten Änderungen folgen seiner Ansicht nach einer „alten Ideologie“, die an der falschen Stelle ansetze. „Das Hauptmotiv ist offensichtlich, für den Nutzer da zu sein – dabei vernachlässigt man objektive Kontrollsysteme“, kritisiert der Grüne. Die Tierseuchenkasse solle nach dem Gesetzentwurf beispielsweise bei der Landwirtschaftskammer angesiedelt sein. „Wie soll da die Öffentlichkeit an die notwendigen Informationen kommen?“, fragt er.

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in NRW befürchtet eine „eklatante Schwächung des Umwelt-, Natur-, Verbraucher- und Arbeitsschutzes auf Jahre hinaus“, wie es in einer Stellungnahme des Landesvorsitzenden Klaus Brunsmeier zu dem Gesetzesentwurf heißt. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet zudem einen Arbeitsplatzabbau. „Diese Maßnahme ist aus unserer Sicht dazu geeignet, Personal abzubauen, nicht aber um die Strukturen effizienter für die Kunden zu gestalten“, sagt Gewerkschaftssekretär Gregor Falkenhain.

Unklar ist, inwiefern Bezirksregierungen oder Kommunen die Aufgaben der anderen Sonderbehörden übernehmen. Es müsse noch geklärt werden, welche Aufgaben überhaupt wahrgenommen und bei wem sie dann angesiedelt würden, sagt der CDU-Politiker Lux. „Es laufen parallel Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden, unter welchen Umständen sie bereit sind, Aufgaben zu übernehmen.“

Der BUND-Landesvorsitzende Brunsmeier warnt vor einer „Aufblähung der Kommunalverwaltung bei den Kreisen und kreisfreien Städten“. Eine Eingliederung der Behörden bei den Bezirksregierungen betrachtet Hans-Willi Körfges, Verwaltungsexperte der SPD-Landtagsfraktion, „ausgesprochen skeptisch“, wie er sagt. „Die Bezirksregierungen sollen demnächst aufgelöst werden“, gibt er zu bedenken.

Bis dahin wird es allerdings noch einige Zeit und vermutlich heftige Verhandlungen dauern. Kritisch diskutiert wird vor allem die Frage, ob die fünf Bezirksregierungen, die zwei Landschaftsverbände und der Regionalverband Ruhr zu drei Mittelinstanzen gemacht werden sollen. Auch um die Bezeichnung der künftigen Behördenchefs ist schon Streit entbrannt. So soll auf einer Versammlung des Städtetags im Frühjahr ein Ministeriumsvertreter den Begriff „Präfekt“ (im antiken Rom hoher ziviler oder militärischer Beamter) genannt haben. Bei Bernd Paßmann, Fraktionsvorsitzender der FDP in der Landschaftsversammlung Rheinland, stößt die Idee von Schwarz-Gelb auf wenig Begeisterung: „Wir Liberalen sind ausgezogen, die Regierungspräsidenten abzuschaffen und jetzt sollen wir Präfekte bekommen?“