Imame made in Germany

AUSBILDUNG Islamische Theologie in Tübingen, Münster und Osnabrück

BERLIN taz | Die Entscheidung darüber, an welchen deutschen Universitäten künftige Imame ausgebildet werden, ist gefallen: Die ersten vom Bund geförderten Zentren für islamische Studien werden in Tübingen, Münster und Osnabrück eingerichtet. Das gab Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Donnerstag bekannt. Die Universität Tübingen setzte sich unter insgesamt fünf Mitbewerbern als Erstvorschlag der Jury durch. Den zweitplatzierten Hochschulen Münster und Osnabrück empfahlen die Gutachter des Ministeriums die Entwicklung eines gemeinsamen Standorts.

Für die Bundesförderung von jeweils bis zu 4 Millionen Euro waren zwei weitere Bewerber im Rennen: die Universität Erlangen, der eine erneute Bewerbung bei der nächsten Auswahlrunde im März nahegelegt wurde, sowie die Universitäten Marburg und Gießen. An den Studienzentren sollen neben islamischen Religionsgelehrten auch Religionslehrer sowie Sozialarbeiter ausgebildet werden. Schavan nannte die Einrichtung der Forschungsbereiche einen „guten Beitrag zur Ausbildung von europäisch-muslimischer Gelehrsamkeit im Bereich der Theologie“. Deutschland könne sich auf eine „lange und sehr leistungsstarke Tradition in den christlichen Theologien“ berufen und sei daher für „Entwicklungs- und Aufbauarbeit für islamische Theologie“ besonders geeignet.

Schavan äußerte zudem die Hoffnung, mit den der Institutionalisierung der Forschung den Islam weiterzuentwickeln. „Wo einer Religion die Chance gegeben wird, Theologie zu entwickeln, tut es auch dieser Religion gut, denn Theologie klärt, klärt auf“, sagte die Ministerin.

Unter islamischen Religionsverbänden ist das Vorhaben jedoch nicht unumstritten. So hat sich der vom türkischen Staat gelenkte Verband Ditib in der Vergangenheit gegen eine Imamausbildung in Deutschland ausgesprochen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hingegen begrüßt dies. Allerdings müssten Verbände eingebunden werden, um die Akzeptanz der Imame in den Moscheegemeinden zu gewährleisten. Kolat warnt vor einem möglichen Konflikt: „Diesen Streit sollten wir möglichst früh entschärfen“, sagte er der taz.

Bislang werden die rund 2.000 Imame in Deutschland zumeist befristet aus ihren Herkunftsländern, vor allem der Türkei, entsandt. Die Deutsche Islamkonferenz setzte sich das Thema Imamausbildung früh auf die Tagesordnung; im Februar kritisierte schließlich der Wissenschaftsrat die mangelnde Etablierung islamischer Studien in Deutschland und forderte den Aufbau theologischer Fakultäten. Der bisherige Zustand werde „der Bedeutung der größten nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft in Deutschland nicht gerecht“, formulierte der Wissenschaftsrat. Das Bundesprogramm zieht nun daraus Konsequenzen. NIKLAS WIRMINGHAUS