Mobilität zum Mitnehmen

FALTEN Kleines Rad ganz groß? Immer noch hängt den praktischen Minis das Image von Großvaters altem Klapprad an. Zu Unrecht – doch die Funktionalität muss stimmen

Beim Kauf eines Faltfahrrades muss man sich daher zwischen Fahr- und Falteigenschaften entscheiden

VON WOLFGANG A. LEIDIGKEIT

Die klapprigen Urahnen sind schuld! Wegen denen geht Falträdern noch immer der Ruf voraus, dass sie allenfalls zum Brötchenholen taugen. Doch dank moderner Technik können mit vielen der heutigen Winzlinge Tagesausflüge und sogar Fahrradreisen unternommen werden. Selbst auf Alpenpässen sind schon vereinzelte Exemplare gesichtet worden.

Die Auswahl ist ebenso groß wie die Bandbreite der Preise. Vom einfachen Supermarkt-Bike für wenige hundert Euro bis hin zum Edelfalter, der je nach Rahmenmaterial und Ausstattung auch schon mal mehrere Tausend Euro kosten kann, ist alles zu haben.

Auch bei den technischen Konzepten gibt es große Unterschiede. Während manche der Räder stressfrei in zehn Sekunden zu falten sind, braucht man bei anderen Modellen deutlich länger und macht sich obendrein die Finger schmutzig.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die Größe der Laufräder. Der Klassiker unter den Falträdern, das in London hergestellte Brompton, wird mit 16-Zoll-Rädern ausgeliefert. Vorteil: Es kann auf die Größe eines kleinen Koffers zusammengefaltet werden und passt so zwischen die Sitze eines ICE. Der Nachteil kleiner Laufräder ist ihre Agilität, denn die ist gewöhnungsbedürftig. Dafür lässt sich ein Faltrad mit kleineren Laufrädern besser tragen und findet Platz in jeder Besenkammer und unter jedem Büroschreibtisch.

Hersteller wie der Marktführer Dahon setzen vorwiegend auf 20-Zoll-Räder. Die sind zwar sperriger, bieten jedoch eine größere Laufruhe und rollen leichter über Hindernisse und schlechte Wegstrecken als ihre kleineren Konkurrenten. Beim Kauf eines Faltfahrrades muss man sich daher zwischen Fahr- und Falteigenschaften entscheiden.

Wichtig ist auch die Funktionalität. Beim Falten darf nichts abknicken, klemmen oder kratzen. Nur wenige Handgriffe sollten reichen, um das Velo zu schrumpfen. Als Maßstab gelten zehn bis maximal 20 Sekunden. Auch bei den teureren Faltern trennt sich hier schnell die Spreu vom Weizen.

Denn wem beim Faltvorgang schon einmal die Kette runtergefallen ist und wer deswegen mit ölverschmierten Fingern zum Dienst erscheinen musste, wird schnell die Lust an Faltfahrrädern verlieren. Aber zum Glück gibt es im Fachhandel inzwischen viele absolut zuverlässige Modelle.

Dazu gehören auch Exoten wie zum Beispiel der Grasshopper des Liegeradherstellers HP-Velotechnik, ein Kurzlieger, der sich mit wenigen Handgriffen klein machen lässt. Bei HP gibt es auch ein Liegedreirad namens Gekko, das ebenfalls in kurzer Zeit auf ein erträgliches Packmaß zusammengefaltet werden kann.

Unverzichtbar ist ein Überzug, der das Velo beim Transport vollständig bedeckt. Nur so ist der unproblematische Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet. Noch immer gibt es Zugpersonal, für das ein nicht umhülltes Faltrad ein kostenpflichtiges Fahrrad ist und kein freies Gepäckstück. Auch Taxifahrer stimmt der Anblick eines Überzuges milde.

Inzwischen haben erste Verkehrsverbünde den Vorteil von Faltfahrrädern für ihr Marketing entdeckt. In Hamburg zum Beispiel kooperieren sie mit dem Generalimporteur des taiwanischen Herstellers Tern. Bei ausgewählten Händlern kann ein sogenanntes HVV-Rad zu Sonderkonditionen erworben werden, ohne dass dazu der Besitz einer Monats- oder Jahreskarte erforderlich ist. Einen anderen Weg beschreiten die Stadtwerke Münster. Die bieten ihren Kunden unter bestimmten Voraussetzungen ein Faltrad-Abo zum Preis von knapp zehn Euro pro Monat an.

Derartige Angebote haben zwar den Vorteil, dass sich möglicherweise mehr Autofahrer für den öffentlichen Nahverkehr begeistern. Der Nachteil ist allerdings, dass man auf ein ganz bestimmtes Faltradmodell angewiesen ist. Eine Entscheidung sollte man daher unbedingt erst nach einer ausführlichen Beratung durch einen Fachhändler und einer Probefahrt treffen.