Christian Buss Der Wochenendkrimi
: Nichts wird gut. Gar nichts

Am Ende lassen die trauernden Eltern in einem Vergnügungspark einen Bund Luftballons in den Himmel steigen – als letzten Gruß an die Tochter, die nur wenige Tage zuvor an gleicher Stelle ermordet worden ist. Und da lächeln der Vater (Roeland Wiesnekker) und die Mutter (Annika Kuhl) auch schon wieder ein bisschen. Kein Gewaltverbrechen ist so grausam, als dass es nicht in eineinhalb Stunden zu einem besinnlichen Ende gebracht werden könnte.

Küchenpsychologie trifft Kabäuschendramaturgie: Erst werden in der Ludwigshafener „Tatort“-Episode „Der Schrei“ die Themen Kindstod, Päderastie und Missbrauch aufgemacht, dann bricht man diese monströsen Taten mir nichts, dir nichts aufs allzu Menschliche runter. Eine typische feige „Tatort“-Folge, für die Ermittlerin Odenthal (Ulrike Folkerts) die aktuelle Diskussion mit strenger Miene oder aufmunternden Blicken in bekömmlichen Dosen an den Zuschauer reicht. Lenas braune Augen versprechen: Alles wird gut, Kindsmord hin oder her.

Wie sich die Kommissarin doch um den Pädophilen Tom Heye (Fabian Busch) kümmert, der in der Nähe des Tatorts war und auf den zuerst der Verdacht fällt: Erst setzt sie ihm mit wütendem Blick zu, macht seine Vergangenheit als Sexualstraftäter publik, später dann schaut sie bei seiner neuen Freundin und deren 12-jähriger Tochter vorbei und überredet die beiden, es doch noch mal mit dem Ex-Kinderschänder zu probieren. Später gibt von Odenthal Streicheleinheiten für die Mutter des ermordeten Kindes, die unter dieser Zuwendung düsterste Geheimnisse preisgibt.

Der Krimi als Gesprächstherapie – nein, das geht nicht auf. Autor Harald Göckeritz und der Regisseur Gregor Schnitzler („Die Wolke“) müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen: Nach einem Kindsmord, so sehr man sich das bei Salzgebäck und Wein auch wünschen mag, wird erst einmal nichts gut. Nicht in 90 Minuten.

Ludwigshafen-„Tatort“: „Der Schrei“, Sonntag 20.15 Uhr, ARD