Unsauberer Stempel

Fleischfabrikant aus Harburg soll einen behördlichen Kontrolleur bestochen haben. Dieser behauptet, privat abgerechnete und amtliche Tätigkeiten hätten nichts miteinander zu tun. Verfahren eröffnet

Die gute Nachricht vorweg: Die Verbraucher haben unter der Geschäftspraxis des Fleischhändlers Andreas K. nicht gelitten. Das Fleisch seines Harburger Familienbetriebes gilt als qualitativ gut – und das nicht nur, weil der Amtstierarzt, der im Bezirksamt die Oberaufsicht über Fleisch verarbeitende Betriebe führte, von K. sozusagen als hausinterner Kontrolleur gegen Bares angeheuert war. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 42-jährigen K. aber vor, den Tierarzt Dr. S. in seiner Amtsfunktion bestochen zu haben, indem dieser als Kontrolleur Honorar in Höhe von insgesamt rund 23.225 Mark bezog. Das Amtsgericht Harburg sah das ebenso und verurteilte Andreas K. vorigen Oktober zu eineinhalb Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung. K. ging in Berufung. Gestern eröffnete das Verfahren vor dem Landgericht.

Lebensmittelhygiene ist ein sensibler Bereich, wie die jüngsten Gammelfleisch-Skandale ein weiteres Mal anschaulich bewiesen haben. Die Europäische Gemeinschaft hat in ihrer Hygieneverordnung deshalb vorgeschrieben, dass nur Unternehmen das EU-Zertifikat als Fleisch verarbeitender Betrieb bekommen, die regelmäßige Selbstkontrollen ihrer Ware durchführen. Mitte der 90er Jahre betrieb die „Heidjerkaten Fleischwaren Uwe Kohlhase HgmbH“ das Zulassungsverfahren. Dadurch kam Geschäftsführer Andreas K. in Kontakt mit dem Amtstierarzt Bernhard S. Der habe von sich aus angeboten, die Kontrollen für den Harburger Betrieb durchzuführen – auf private Rechnung. Im September 1997 nahm Bernhard S. die erste Tupferprobe. In den folgenden Jahren sollte er 24-mal in dem Familienbetrieb tätig werden.

Jetzt, wo er auf der Anklagebank sitzt, bezeichnet es Geschäftsführer Andreas K. als seinen „größten Fehler“, ausgerechnet Bernhard S. als Hauskontrolleur angeheuert zu haben. Damals aber habe er sich nichts dabei gedacht: „Als normaler Bürger muss man davon ausgehen, dass ein Amtsträger, der seine Dienste anbietet, das auch darf.“

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft durfte er nicht. Auch Tierarzt Bernhard S. steht derzeit vor Gericht. Vom Dienst ist er suspendiert. Für zwölf Firmen soll er zwischen März 1996 und 2001 Untersuchungen von Futtermitteln und anderen tierischen Produkten durchgeführt haben, wirft die Anklage ihm vor. Parallel habe er für eben jene Firmen amtliche Zertifikate für Export-Genehmigungen ausgestellt. Bernhard S. bestreitet das nicht. Seine Tätigkeit auf private Rechnung aber, beteuerte er, „hat mir meiner amtlichen Tätigkeit nichts zu tun“.

Beide Prozesse werden fortgesetzt. ELKE SPANNER