„Sportverräter“: Schau zeigt Schicksale

DDR Ausstellung im Brandenburger Landtag zeigt Lebenswege von Sportlern, die in den Westen flohen

Im Brandenburger Landtag in Potsdam wird am Dienstag eine Multimedia-Ausstellung eröffnet, die sich anhand von 15 Einzelschicksalen mit dem Thema „Republikflucht“ von DDR-Spitzensportlern auseinandersetzt. Konzipiert und umgesetzt wurde die Schau vom Zentrum Deutsche Sportgeschichte und der mexikanischen Künstlerin Laura Soria.

Mit der Flucht waren die meisten Spitzensportler noch lange nicht den Fängen der Staatssicherheit entkommen. Abgestempelt als „Landesverräter“ gerieten sie jetzt erst recht ins Visier der Stasi und wurden im Rahmen eines „Zentralen Operativen Vorgangs“ (ZOV) ausspioniert und „zersetzt“. Unter dem Titel ZOV „Sportverräter“ hat die Stasi bis 1989 mehr als 60 Personen „bearbeitet“, heißt es in einem Begleitbuch zur Ausstellung.

Ziel war es, „Gründe, Motive und Umstände des ungesetzlichen Verlassens der DDR, mögliche Abwerber und deren Hintermänner, Rückverbindungen in die DDR, gegen die DDR gerichtete feindliche Handlungen dieser Personen aufzuklären“, zitieren die Autoren des Begleitbuchs, Jutta Braun und René Wiese, aus einem Recherchebericht des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen.

Nach Stasizählungen soll es mehr als 615 Sportflüchtlinge gegeben haben. Die Dunkelziffer könnte aber sehr viel höher liegen. „Wir haben auf noch lebende Sportler zurückgegriffen und mit den Protagonisten Videos über ihren Lebensweg gedreht“, erklärte Ausstellungsbetreuer Michael Schäbitz.

Stasi-Repressalien

Bei der Ausstellungseröffnung im Landtag wird der Potsdamer Turner Wolfgang Thüne dabei sein. Nachdem Thüne seinem schärfsten westdeutschen Konkurrenten Eberhard Gienger bei der WM 1974 unterlegen war und auch bei der EM 1975 in der Schweiz schlecht abschnitt, fürchtete Thüne bei der Rückkehr disziplinarische Konsequenzen.

Daher sprach er Gienger an, ob er ihm zur Flucht verhelfen könne. Die Flucht gelang. Die Konsequenzen: Thünes Familie in der DDR war jahrelang Stasi-Repressalien ausgesetzt. Er selbst wurde in Abwesenheit zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. (epd)

■ „ZOV Sportverräter – Spitzenathleten auf der Flucht“, Landtag Brandenburg, Alter Markt 1, Potsdam. Eröffnung heute, 18 Uhr. Danach bis zum 30. Mai montags bis freitags 8 bis 18 Uhr, Eintritt frei