Einmal im Jahr die Supershow

Kindergeburtstage sind ein lukrativer Markt für Institutionen und Unternehmen aller Art. Immer mehr Eltern scheuen die Mühen einer Party im eigenen Heim. Kinder aber finden ganz toll, wenn die Eltern sich selbst kümmern

Wer mit Kindern auswärts feiert, schont seine Nerven und die Couchgarnitur

Feingemacht hat sich für Max’ siebten Geburtstag niemand. Die T-Shirts, Kleider und Hosen seiner acht Freunde sind dort verdreckt, wo der Kittel nichts mehr ausrichten kann. Aber das stört keinen: Max’ Gäste sind schließlich nicht nur zum Torte futtern eingeladen, sondern um sich im Kunstatelier Freiraum im Berliner Bezirk Mitte kreativ auszutoben. Theaterspielen hat sich Max gewünscht. Also werden Kostüme und Masken gebaut, dann gibt es eine Aufführung. Zum Abendessen laden Max’ Eltern alle Kinder in die benachbarte Pizzeria ein.

Geburtstag lässt sich auf vielfältige Art feiern. Ob Besichtigung des Stuttgarter Flughafens, Feiern im Schwimmbad oder im Naturkundemuseum – kaum eine Institution lässt sich den lukrativen Markt mit den Kindern entgehen. Gern sind Eltern heute bereit zwischen hundert und zweihundert Euro dafür auszugeben, dass eine Rasselbande aus kleinen frechen Geburtstagsgästen nicht die heimische Couchgarnitur ruiniert. Wie nervenaufreibend eine Kinderparty sein kann, wenn sich bei schlechtem Wetter eine viel zu große Zahl an Gören in der Wohnung verlustiert, wissen viele Eltern aus eigener Erfahrung. „Einmal und nie wieder“, bringt es eine Mutter, die nicht namentlich genannt werden möchte, auf den Punkt. Lieber wird ein Raum gemietet, ein Indoor-Spielplatz oder ein Kino besucht. Letzteres ist besonders für nervenschwache Eltern geeignet, die Kinder sind nämlich für Stunden lahm gelegt und machen den Mund höchsten auf, um Popcorn hineinzustopfen.

Jeden Samstagnachmittag stellt auch die Berliner Kinderkunstschule Klax ihre Werkstätten für Partys zur Verfügung. Für zwölf Euro pro Kind hat jeder die Wahl zwischen Computerwerkstatt, Bauwerkstatt, Tanzsaal oder Malatelier. Auf Wunsch wird auch Catering angeboten, eine Torte und Getränke etwa für 39,50 Euro oder ein Buffet mit Nudelsalat und Partywürstchen für 62 Euro. Klax-Kursleiter begleiten jeweils fachkundig durch den Nachmittag, zeigen Techniken und kreatives Knowhow.

So auch bei Lindas Geburtstag: Statt sich die Zeit mit Topfschlagen oder Eierlaufen zu vertreiben, kneten sechs Mädchen und zwei Jungen eifrig karamelfarbenen Ton, formen Sparschweine und Bilderrahmen und sind schließlich so in ihre Arbeit versunken, dass kaum ein Laut über ihre Lippen geht.

Selbst Lindas Eltern können nicht widerstehen und töpfern begeistert mit. „Wir wollten mal was ganz anderes machen“, erklärt Lindas Mutter, weshalb sie die Geburtstagfeier in die Klax-Töpferwerkstatt verlegt haben. Und sie ist froh darum: „Keine Rennerei wegen der Preise, das ganze Drumherum fällt weg.“

Kurz vor 14 Uhr sind sie mit Kind und Kegel angerückt, haben am langen Tisch in der Werkstatt Kuchen und Saft aufgebaut, ein paar Luftballons aufgehängt, fertig. Nach der Tortenschlacht hat dann die Kursleiterin das Heft in die Hand genommen. Zuerst durften die Kinder bewundern, was in der Töpferwerkstatt so machbar ist. In den Regalen stehen kunstvolle Vasen, Reliefs und sogar eine Murmelbahn aus Ton, fabriziert von Kursteilnehmern der Malschule. Dann hat „Michi“ erklärt, wie Ton bearbeitet werden muss, damit auch was daraus wird. Und nun macht jedes Kind, was es will: Luise formt ein Sparschwein, Stefanie eine Schnecke und Georg eine Burg mit Ritter. Die vier Stunden vergehen wie im Flug, zum Schluss hat jeder etwas, was er mit nach Hause nehmen kann. Na ja, fast: Erst müssen die Kunststücke trocknen und im Ofen gebrannt werden. Aber spätestens eine Woche später hält jeder seine Geburtstagserinnerung in der Hand.

Doch es gibt auch wackere Mütter und Väter, die ihren Nachwuchs auf dem heimischen Teppichboden mit Topfschlagen und Blinde Kuh unterhalten, eine Schatzsuche organisieren oder eine Schnitzeljagd quer durchs Wohnviertel. Dann rennen sich die Kids die Seele aus dem Leib, toben, dass es kracht oder spielen einfach nur mit den Geschenken. „Da kriegt man auch mal mit, wie denn die Freunde der Kinder so sind“, meint ein Vater, der dreimal im Jahr die Geburtstagspartys seiner Kinder zu Hause ausrichtet. Das Interessante daran: Wenn Kinder auf einer solch alt hergebrachten Geburtstagsfeier waren, bemerken manche hinterher ganz verwundert. „Die Eltern haben sich die ganze Zeit um uns gekümmert.“ Auch nicht schlecht. CHRISTINE BERGER