Tod auf der Privatfarm des Präsidenten?

KONGO Die ungeklärten Todesumstände eines Oppositionellen entzweien Kinshasa und Brüssel

BRÜSSEL taz | Der mysteriöse Tod eines Kongolesen mit Wohnsitz in Belgien in einem Gefängnis der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa sorgt für Verstimmungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der einstigen Kolonialmacht Belgien. Der 30-jährige Armand Tungulu, der seit zwanzig Jahren in Belgien lebte, war nach Angaben der kongolesischen Generalstaatsanwalt am 2. Oktober tot in seiner Zelle gefunden worden, wo er sich mit einem Stück Stoff erhängt habe, das er als Kissen benutzte. Drei Tage vorher war er in Kinshasa von der Präsidialgarde verhaftet worden, als er den Konvoi des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila mit Steinen bewarf. Er war erst kurz zuvor aus Brüssel nach Kinshasa gereist, offenbar extra um gegen Kabila zu demonstrieren.

Nach Angaben von Tungulus Witwe Nzomina Maloka wurde der Tote von der Präsidialgarde verschleppt, gefoltert und getötet. Ihr Anwalt Jean-Claude Ndjakanyi sagt, die Garde habe ihn schwer misshandelt und dann in Kabilas Farm Kinkagati 80 Kilometer außerhalb von Kinshasa gebracht. Die Witwe verlangt nun die Überführung der Leiche nach Belgien zwecks Autopsien und hat auch in Belgien Klage gegen Kabilas Stabschef Célestin Mbala Musense und gegen den Kommandanten der Präsidialgarde Dieudinné Banze eingereicht. Die belgische Justiz sei zuständig, weil der Tote Vater einer Tochter mit belgischer Staatsbürgerschaft sei.

Ein erster Erfolg: Am 11. Oktober ordnete ein Richter in Brüssel die Übergabe des Toten an seine Angehörigen an. Kongos Regierung verweigert jedoch die Herausgabe der Leiche. Die Affäre hat jetzt kongolesische Menschenrechtsorganisationen erregt und die UN-Mission im Kongo sowie die Regierungen der USA und Frankreichs dazu gebracht, sich „besorgt“ zu äußern.

Anwalt Ndjakanyi ist vertraut mit solchen Affären. Er vertritt bereits die kongolesische Menschenrechtsorganisation „Voix des Sans-Voix“ (VSV), deren Präsident Floribet Chebeya im Juni unter ungeklärten Umständen nach einem Termin mit Kongos Polizeichef tot aufgefunden worden war. FRANÇOIS MISSER