berliner szenen Friedhof der Kuscheltiere

Punk mit Pinguin

Irgendjemand hat mir einen Teddybären an den Kopf geworfen. Und zwar einen recht großen. Mit seinen Plastikaugen hat er meinen Schädel erwischt. Meine Stirn schmerzt ein wenig. Dem Stoffpinguin, den die Frau neben mir vom Boden aufhebt und irgendwohin wirft, hätte ich dem Bären vorgezogen. Was einem an den Kopf knallt, kann man sich aber nicht aussuchen.

Stofftiere aller Größen fliegen im Festsaal Kreuzberg durch die Luft. Einige große Teddys sind dabei, aber auch kleine Schildkröten oder Marienkäfer. Zwei junge Männer haben mehrere Säcke, die mit den Stofftieren gefüllt waren, auf der Bühne ausgeleert. Schnell ist die Spielzeugschlacht entbrannt. Die Band hat sich dazu verleiten lassen, das Publikum zu bewerfen. Die Zuhörer haben zurückgeschlagen.

XBXRX heißt die Kapelle. Sie ist aus Oakland in Kalifornien und zu Gast auf dem Solid Festival. Das Quartett spielt eine hektische Mischung aus Punk, Hardcore und Noiserock. Irgendwie passen die Stofftiere gut zur Musik. Das liegt vor allem am Sänger. Wie ein Äffchen klettert er auf die Boxen der PA und springt dann wieder zurück auf die Bühne. Dort hampelt er herum wie ein Spielzeugmännchen, dessen Federaufzug zu weit gedreht worden ist. Auch der Gitarrist und der Bassist halten sich an diese Choreografie.

25 Minuten dauert der Auftritt. Dann stolpern die Musiker von der Bühne. Sie ist übersät mit den Stofftieren. Dazwischen liegen die Instrumente mit gerissenen Saiten. Die Monitorboxen sind umgekippt. Das Bühnenpersonal macht sich daran, die Schäden und die Stofftiere zu beseitigen. Soll ich mir eines mitnehmen zur Erinnerung? Ach nein, der Abend dürfte mir auch so im Gedächtnis bleiben.

MARKUS STRÖHLEIN