: Banken sollen ihr Testament machen
FINANZBRANCHE Die Europäische Kommission fordert einheitliche Insolvenzregeln für Banken. So will die Brüsseler Behörde verhindern, dass die SteuerzahlerInnen auch für die nächste Krise des Sektors bluten
BRÜSSEL taz | Noch ist es nur ein Versuchsballon. Mit ihrer Mitteilung über ein „europäisches Krisenmanagement im Finanzsektor“ will die EU-Kommission testen, ob die Mitgliedsstaaten EU-weit einheitliche Auflagen und Kontrollprozeduren für Banken und einheitliche Regeln für ein mögliches Insolvenzverfahren akzeptieren würden. Die Brüsseler Behörde will erreichen, dass alle Kreditinstitute ein „Testament zu Lebzeiten“ verfassen – also dass die Unternehmen einen Sanierungsplan für den Krisenfall und ein Szenario für die mögliche Insolvenz in der Schublade haben.
Für Binnenmarktkommissar Michel Barnier ist die lückenlose Überwachung des Finanzsektors das Herzstück seiner Finanzmarktreform. „Wir wollen nicht länger Bürger und Regierungen vor die inakzeptable Alternative stellen, entweder eine unkontrollierte Pleite hinzunehmen oder eine staatliche Rettung mit Steuergeldern durchzuführen. Wir wollen stattdessen Transparenz auf allen Ebenen und persönliche Verantwortung derer, die das Fiasko verschuldet haben“, erklärte der Franzose. Aktionäre und Gläubiger der Institute sollten im Vorfeld über das Risikopotenzial ihrer Bank Bescheid wissen und im Krisenfall die Verluste tragen.
Bereits im Mai hatte Barnier Vorschläge vorgelegt, nach welchen Standards die einzelnen Mitgliedsstaaten Bankenrettungsfonds bilden sollen. Das Kleingedruckte dabei bleibt aber den nationalen Regierungen überlassen. Auch um die Sanierungs- und Abwicklungspläne sollen sich die nationalen Aufsichtsbehörden der Banken kümmern. Bei grenzüberschreitenden Instituten sollen Kontrollgremien aus den beteiligten Ländern gebildet werden. Ob die Europäische Bankenaufsicht das letzte Wort haben wird, ist noch nicht sicher. Erst will der Kommissar die Reaktionen aus den Mitgliedsstaaten abwarten und im kommenden Frühjahr Gesetzentwürfe vorlegen. Vor allem aus Großbritannien ist mit Widerstand gegen Brüssels Vorgaben zu rechnen. Funktionieren wird das System, so glaubt Barnier, frühestens 2013. DANIELA WEINGÄRTNER
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