wandern und lesen
: Manuel Andrack im Mittelgebirge

Auf den ersten Blick scheint alles klar: Manuel Andrack, der längst zum tragenden Nebendarsteller gewordene Redakteur bei Harald Schmidt, ist aufgerückt. Der Mann, der im Fernsehen immer rechts sitzt, sitzt am linken Rand der Bühne; im karierten Hemd auf einem Barhocker. Neben sich hat er noch einen Hocker, zum Sachen abstellen. Im Hintergrund lässt ein helles Quadrat an der Wand erahnen, dass heute Abend Dias gezeigt werden sollen. Nicht etwa irgendwelche Dateien aus dem Notebook, sondern echte, altmodische Dias. „Wie in Papas Partykeller?“, wird Andrack später sagen, ehe er das Publikum in die Pause entlässt; angekündigt war ja auch „mehr als eine Lesung“.

Rechts, wo im Schmidt’schen Studio der „Sidekick“ zu finden wäre, darf sich Victor Calero einrichten, erklärt einer von zwei besten Freunden und Andracks regelmäßiger Wandergefährte. Denn eigentlich hat ihn ja sein Verlag auf die Reise geschickt um sein neues Buch zu promoten. „Wandern“ heißt es, und Andrack vertieft darin, was er schon in seinem Debüt „Du musst wandern. Ohne Stock und Hut im deutschen Mittelgebirge“ getan hat: Erwartungsgemäß unaufgeregt holt er die mäßig beleumundete Freizeitbeschäftigung aus dem Dunstkreis von Seniorengruppen und Alt-Staatsoberhäuptern, verpasst ihr eine Art Frischzellenkur. Die entsprechenden Interessenverbände können schon mal den Namen Manuel Andrack auf Pokale gravieren lassen. Denn wenn demnächst der Altersschnitt auf Deutschlands Forstwegen zum gefühlt ersten Mal unter Mitte 40 fallen sollte, dann wäre es das Verdienst des gemütlichen Sympathen, der zuvor bereits einmal als Botschafter des deutschen Bieres ausgezeichnet ward.

Apropos Bier: Eröffnet haben Andrack und Calero den Abend bei stillem Mineralwasser damit, ein Kapitel aus dem neuen Buch zu lesen und im selben Rutsch zu kommentieren. Dabei schweifen sie immer wieder aufs Schönste ab, und der beim Publikum weniger bekannte Calero darf manch mäßig glaubwürdige Anekdote über seine Zeit auf einer Leningrader Schauspielschule oder seinen Zivildienst in Hamburg beisteuern. Später dann darf es auch für jeden ein Pils sein. Von „Astra“ natürlich.

Überhaupt sei er ja gerne in Hamburg, hatte er anfangs vorausgeschickt. Das sage er zwar in jeder Stadt, hier aber stimme es. Nicht zuletzt wegen der Fans des FC St. Pauli, die vor langen Jahren Andracks favorisiertem Fußballverein, dem 1. FC Köln, in Sprechchören die Meisterschaft wünschten. Das, so Andrack sei „wahre Freundschaft“ gewesen. aldi

Manuel Andrack: „Wandern. Das deutsche Mittelgebirge für Amateure und Profis“. KiWi 2006, 224 Seiten, 8,95 Euro. Weitere Lesungen: 9.10., Hannover; 20.11., Braunschweig