„Schlaaand!“ auch um Mitternacht

GEMEINSCHAFT Die SPD will geteiltes Fußball-Glück ohne Lärmschutz-Einschränkungen erlauben: Während der Weltmeisterschaft sollen Spiele in Biergärten auch nachts gezeigt werden dürfen

In allgemeinen Wohngebieten gelten laut Bundesemissions-Schutzgesetz strenge Richtwerte für Freizeitlärm.

■ Bis 20 Uhr darf Lärm nicht lauter als 55 Dezibel sein, das entspricht einer normalen Unterhaltung.

■ Bis 22 Uhr dürfen 50 dB (A) nicht überschritten werden, nicht lauter als ein laufender Kühlschrank.

■ Nach 22 Uhr liegt der Richtwert bei 40 dB(A), erlaubt ist nur noch ganz leise Musik.

■ Für „seltene Ereignisse“ darf es zehn Mal pro Jahr lauter werden: Bis 20 Uhr: 70 dB(A), bis 22 Uhr: 65 dB(A), nach 22 Uhr: 55 dB(A).

Spiele der kommenden Fußball-WM sollen in Bremen auch abends öffentlich gezeigt werden dürfen. So will es die Fraktion der SPD, ein entsprechender Antrag liegt dem grünen Koalitionspartner nun zur Abstimmung vor.

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett auf Vorschlag der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) den Lärmschutz für die Zeit der WM im Juni und Juli gelockert und damit den Ländern und Gemeinden entsprechende Regelungs-Spielräume eröffnet. Eine Ausnahme, um „das Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung zu stärken“, heißt es von der SPD. Knapp die Hälfte aller Spiele in Brasilien beginnen wegen der Zeitverschiebung in Deutschland um 22 Uhr oder später.

Schwierigkeiten mit dem Lärmschutz wären dabei für Kneipenwirte nach bisheriger Regelung wahrscheinlich: Das Bundesimmissionsschutzgesetz legt fest, dass bei öffentlichen Veranstaltungen nach 22 Uhr in allgemeinen Wohngebieten der Geräuschpegel 40 dB(A) nicht überschreiten darf. Beim Public Viewing wird es deutlich lauter. „Wir denken dabei vor allem an die Kneipen im Quartier, die auch die Möglichkeiten haben sollen, länger zu öffnen“, so der SPD-Wirtschaftspolitiker Andreas Kottisch.

Der Senat soll daher mit der Ausnahmeregel in Bremen und Bremerhaven sicherstellen, dass Biergärten und Außengastronomie die Spiele auch live übertragen können. Das Ganze soll ohne Zulassungsverfahren möglich sein. Auch neue erhöhte Richtwerte sollen bewusst nicht festgelegt werden. „Wir wollen keine Lärmmessungen durchführen“, so Kottisch, es gehe um eine Lösung „ohne große Bürokratie“. Er will das Ganze möglichst schnell über die Bühne bringen, damit alle Wirte frühzeitig Bescheid wissen und die Leute sich verabreden können.

Verhaltenere Töne kommen allerdings von den Grünen. Die haben bislang noch nicht über die Lärmschutz-Lockerung beraten. Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Ralf Saxe aber hat die Belastung für AnwohnerInnen im Blick: „Ich kann mir schon Orte vorstellen, wo sich die Begeisterung der Anwohner in Grenzen hält“, sagt er.

Für Kottisch hält sich das Problem in Grenzen: Lauter würde es nur in begrenztem Rahmen, spätestens nachts um ein Uhr wären die Spiele vorbei. Auch gehe es nicht um Bahn- oder Autolärm, sondern um Jubelrufe: „Ich finde, eine Stadt, eine Gesellschaft muss das aushalten.“  JPB (mit Material von dpa)