buch, preis etc.: Signal zur Messe
Eines muss man ihnen zugestehen: Mit der Popularisierung des Deutschen Buchpreises sind seine Erfinder schon ziemlich weit gekommen. Montag Vormittag setzte etwa in einem Berliner Supermarkt das Hintergrundgedudel aus, und eine weibliche Stimme verkündete als eine von drei „Top-News“, dass heute in Frankfurt der Buchpreis verliehen werde. Abends in der „Tagesschau“ konnte man dann Bilder vom Festakt mitsamt der Preisträgerin Katharina Hacker sehen, eingefügt zwischen Medizinnobelpreis und Tornado bei Jena. Wie war das noch mal mit diesem close the gap? Die Lücke zwischen Käsetheke und seriöser Nachrichtensendung füllt der Deutsche Buchpreis jedenfalls schon im zweiten Jahr seines Bestehens eindrucksvoll.
Ob nun Katharina Hackers „Habenichtse“ tatsächlich der beste deutschsprachige Roman des Jahres ist – so das Preiskriterium –, darüber lässt sich streiten. Gut ist, dass eine überzeugende Autorin gefunden wurde, um zu demonstrieren, dass es bei dem als Marketinginstrument eingeführten Preis nicht darum zu tun ist, literarische Maßstäbe zu senken. Popularisierung ohne Anbiederung – was ist dagegen schon zu sagen? Dass Hacker sachlich feststellte, der Preis werde ihr helfen, vom Schreiben leben zu können, macht sie sowieso sympathisch. Dafür sind Literaturpreise ja letztlich da: um die richtigen Autoren zu subventionieren und ihren Karrieren einen Schub zu geben.
Mutiger als die Wahl Hackers wäre nur noch eine Entscheidung für den Debütanten Saša Stanišić gewesen, der auch auf der Shortlist stand. Die anderen Kandidaten hätten sich wohl über 25.000 Euro Preisgeld gefreut, den Preis aber aus unterschiedlichen Gründen nicht nötig gehabt: Ilja Trojanow, weil er schon den Preis der Leipziger Buchmesse bekam; Ingo Schulze, weil sein Roman „Neue Leben“ bereits rauf und runter gelobt wurde; Thomas Hettche, weil er im Literaturbetrieb eindrucksvoll vernetzt ist; Martin Walser, weil er gar nichts mehr nötig hat. Und den Megaroman, der unbedingt ausgezeichnet werden musste, hat keiner von ihnen geschrieben.
Der Deutsche Buchpreis wurde ins Leben gerufen, um deutschsprachige Literatur im Ausland sichtbar zu machen. Ob das funktioniert? Mal sehen. Eines aber kann man bereits feststellen: Als Auftakt für die Frankfurter Buchmesse funktioniert der Preis prima. Viel besser als die offizielle dienstägliche Eröffnungsfeier, die mit Bundesaußenminister und Regierungsvertretern des jeweiligen Gastlandes oft ziemlich staatstragend gerät.
DIRK KNIPPHALS
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