Airbus-Management in Turbulenzen

Gesamtbetriebsrat wirft dem Flugzeugbauer Realitätsferne und das Fehlen von Unternehmenskultur vor. Kritik am rigorosen Sparkurs. Hamburgs Wirtschaftssenator glaubt weiter an den A 380, Niedersachsens Ministerpräsident zweifelt

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Er sehe „keine Gefahr für den Airbus-Standort Hamburg“, behauptet der dortige Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) mit dem ihm eigenen Optimismus. „Die Vertragslage ist eindeutig: Der A 380 wird hier gebaut.“ Allerdings, räumt er ein, „ist ein Unternehmen frei in seinen Entscheidungen“.

Die Krise des Flugzeugbauers Airbus, der die Konzern-Mutter EADS nun mit einem rigiden Sparprogramm beikommen will, sieht Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hingegen mit größerer Skepsis. Er werde sich mit EADS-Co-Chef Thomas Enders treffen, um sich über die Planungen zu informieren, teilte sein Sprecher Olaf Glaeseker gestern mit. Die Landesregierung habe die Sparmaßnahmen „mit Sorge zur Kenntnis genommen“.

In Niedersachsen arbeiten etwa 6.500 Beschäftigte in den Airbus-Werken Buxtehude, Stade, Nordenham und Varel an Komponenten für den doppelstöckigen Riesenjet, weitere 3.500 in Bremen. In der deutschen Airbus-Zentrale Hamburg sind zurzeit etwa 12.000 Menschen beschäftigt – noch. Denn selbst wenn ein Teil der Fertigung des A 380 an der Elbe bleiben sollte, werde „es nicht ohne den Abbau von Arbeitsplätzen gehen“, stellte Airbus-Chef Christian Streiff klar. Genaue Zahlen nannte er nicht.

Klarheit über die Planungen wollen hingegen die IG Metall Küste und der Konzernbetriebsrat von Airbus Deutschland. „Alle Planungen und Analysen müssen auf den Tisch“, forderten sie in einer gemeinsamen Erklärung. Die Arbeitsaufteilung der Standorte müsse erhalten bleiben, ein gegenseitiges Ausspielen der Werke komme nicht in Frage. Alle deutschen Airbus-Betriebsräte und IG-Metall-Vertreter wollen morgen zu Beratungen in Hamburg zusammenkommen. Danach sollen die Belegschaften informiert werden.

Die Betriebsräte wollen „genau analysieren“, so ihr Vorsitzender Rüdiger Lütjen, welche Auswirkungen die angekündigten Sparmaßnahmen in Milliardenhöhe auf die einzelnen Standorte haben werden. Auch Leiharbeiter könnten nicht einfach nach Hause geschickt werden, merkte Lütjen an. Überhaupt fehlten hochqualifizierte Mitarbeiter. „Wir alle wollen, dass der A 380 ausgeliefert wird.“ Dazu müssten aber zuerst einmal die Manager ihre Arbeit ordentlich machen. Ursache für die Krise seien „gravierende Fehleinschätzungen des Managements“. Die Arbeitnehmervertretungen hätten ihrerseits „immer wieder“ darauf hingewiesen, dass die Programmvorgaben für den A 380 „außerhalb jeglicher Realität stehen“.

Wie blank die Nerven bei den Betriebsräten liegen, die bislang offiziell immer treu an der Seite der Geschäftsführung standen, zeigt der ungewöhnlich scharfe Ton ihrer Erklärung. Es fehle bei Airbus an „der Unternehmenskultur, offen und ehrlich über die Erreichbarkeit von Zielen zu streiten“. Deshalb erweise sich nun „der Glaube, aus Toulouse alles zentral regeln und steuern zu können, als großer Irrtum“.

Abwartend verhalten sich derweil die Kritiker der Werkserweiterungen in Hamburg-Finkenwerder. „In intensiven Beratungen mit unseren Anwälten“ ist Gabi Quast. Die Obstbäuerin aus dem benachbarten Neuenfelde, die in der vergangenen Jahren durch ihren Widerstand gegen den Airbus-Ausbau bundesweit bekannt wurde, will „jede Chance nutzen“, die Zerstörung des Dorfes aufzuhalten. Zurzeit lässt der Senat die Obstäcker Neuenfeldes aufgrund der Versprechungen von Airbus für eine Verlängerung der Landebahn planieren. Auch der BUND „prüft einen Antrag auf Baustopp“, sagte sein Sprecher Paul Schmidt. Wenn Airbus den A 380 aus Hamburg abziehe, „sehen wir uns rasch vor Gericht wieder“.

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