Verwirrspiel mit BenQ-Patenten

Die taiwanesische Konzernmutter soll die Rechte auf Siemens-Erfindungen an sich gezogen haben

BERLIN taz ■ Eine Woche nach dem Insolvenzantrag von BenQ-Mobile sind die Mitarbeiter in einer offenen Betriebsratssitzung über den aktuellen Stand informiert worden. Sorge mache vor allem die noch ungesicherte Patentfrage, hieß es. Offenbar ist noch unklar, wie viel und welche Patente und Lizenzrechte der deutschen BenQ-Mobile der taiwanesische Mutterkonzern an sich gezogen hat.

Ein IG-Metall-Sprecher sagte, ohne die Patente könnten die Mitarbeiter am 1. Januar „das Licht ausmachen“. Insolvenzverwalter Martin Prager widersprach. Das Überleben des Unternehmens werde nicht daran scheitern. Es ist bis Jahresende über Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert.

Mit der Übernahme der defizitären Handy-Sparte von Siemens waren laut Siemens 600 „Patentfamilien“ in den Besitz von BenQ übergegangen. Eine Sprecherin sagte, „ein Kernteil“ davon sei an den Mutterkonzern abgegeben worden, ein anderer Teil bei BenQ-Mobile verblieben. Es werde geprüft, ob im Vorfeld des Insolvenzantrages zusätzliche Patente nach Taiwan übertragen und damit Verträge verletzt worden seien. Insolvenzverwalter Prager sprach hingegen von 2.000 Patenten, für 1.600 davon sei die deutsche BenQ-Mobile als alleinige Inhaberin angemeldet.

Unter den Kernpatenten dürften auch solche sein, die für die Nutzung und den Betrieb der GSM-Netze nötig sind. Wollen andere Hersteller die GSM-Technik einsetzen, müssen sie Lizenzgebühren an den Inhaber der Patente zahlen. „Ohne diese Patente dürfte der Wert von BenQ-Mobile erheblich sinken“, sagte Nicolas von Stakelberg, Branchenanalyst im Bankhaus Sal. Oppenheim. Der Wert der Patente gehöre „zu den bestgehüteten Geheimnissen der Branche“. Martin Gutberlet, Analyst bei Gardner Research, sieht überhaupt keine Chance für die deutschen Produktionsstandorte München, Bocholt und Kamp-Lintfort, egal ob mit oder ohne Schutzrechte: „Siemens hat hier 200 Millionen Euro Verlust gemacht. BenQ in einem Jahr 840 Millionen Euro investiert – ohne Erfolg.“

Siemens hat unterdessen eine Vertragszahlung von 171 Millionen Euro an BenQ gestoppt. Das Geld sei auf ein Treuhandkonto überwiesen worden, hieß es. Nun werde geprüft, ob das Geld BenQ in Taiwan oder der Tochter in München zustehe. Gewerkschafter forderten von Siemens, den von der Konzernführung aufgelegten 35-Millionen-Euro-Härtefonds für die 1.700 Mitarbeiter in Deutschland aufzustocken. THORSTEN DENKLER