UNTERM STRICH

Büchnerpreis-Nachlese: „Reinhard Jirgl tut oft weh“, sagte der Literaturkritiker Helmut Böttiger in seiner Laudatio auf den Büchnerpreisträger am Samstag. Jirgl stehe für das Sperrige und für Lesehürden, baue Barrikaden aus Buchstaben und Satzzeichen. Seine Romane seien schmerzhaft zeitgenössisch. „Jirgl ist das, wovor uns die Germanistikprofessoren immer gewarnt haben“, sagte er. Und die Laudatio hatte noch eine zweite Ebene: Reinhard Jirgl habe die ganze DDR entlang und hindurch geschrieben. „Der DDR hat Jirgl sein Schreiben entgegengesetzt“, formulierte Böttiger. In seiner Dankesrede berichtete Jirgl, dass sein Lebensgefühl niemals das Gefühl von etwas Neuem bestimmt habe, dafür Abscheu, Unsicherheiten und Zweifel. „Blieben die Bücher, das Antibiotikum gegen die Infektion durch verfaulendes Leben.“ Der Autor verweist auf tötende Langeweile, gegen die „skalpellscharfe Sätze“ geschliffen werden müssten, um aus den Körpern der noch lebendigen Nervenstränge zu sezieren – „für den geistigen Abschied vom falschen, dem erniedrigten Leben“. Reinhard Jirgl betonte außerdem, dass er mit dieser Auszeichnung nicht gerechnet habe: „Das Unverhoffte ist mir nun als Geschenk zuteil geworden.“