FLUGZEUG, BOMBE, GEWEHR
: Der Krieg

Für die erwachsenen Leser wacht Hitler über die Szenerie

Seit wir ein Buch ausgeliehen haben, das in Kapitel 3 ein zerbombtes Haus zeigt, kommt der Krieg auf jedem Spaziergang zur Sprache. „Wo ist der Krieg?“, fragt der Dreijährige, bei dem man nie genau weiß, wie viel er nachplappert und wie viel er tatsächlich wissen will. Beim Kriegsthema ist er hartnäckig.

Das ausgeliehene Kinderbuch zeigt eine Straße im Verlauf von hundert Jahren. Im 1. Kapitel ist alles in Ordnung auf der Straße, die eine in Berlin sein könnte. Bereits im 2. Kapitel marschieren neben den Automobilen, um die es hier eigentlich geht, Hitlerjungen mit Trommeln, im 3. Kapitel stehen die Kriegsheimkehrer vor den Trümmern. Der Rest des Buchs interessiert nicht.

„Warum hat das der Krieg gemacht?“, will er wissen und zeigt auf die Trümmer. „Ein Flugzeug hat eine Bombe abgeworfen, das Haus ging kaputt.“ „Aber warum?“ „Weil die Leute nicht miteinander einverstanden waren, und wenn viele Leute miteinander streiten, dann schicken sie Flugzeuge mit Bomben.“ Natürlich ist das Gespräch damit noch nicht beendet, es dreht sich ein paar weitere Male um die Hitlerjungen, die Trümmer und den Spielplatz, der ein paar Seiten später in der Lücke entstanden ist. Für die Erwachsenen wacht Hitler auf einem Porträt im Estrich über die verschiedenen Szenerien, übrigens bis in Kapitel 5.

Anderntags spazieren wir an einer Synagoge vorbei, vor der zwei Polizisten in die Sonne rauchen. „Was machen die hier?“ „Sie bewachen das Haus, weil es einmal kaputt ging.“ „Hat der Krieg das kaputt gemacht?“ „Ja“, sage ich und zeige ihm das Bild der zerstörten Synagoge auf der Gedenktafel. „Aber warum?“ „Weil die Menschen böse aufeinander waren.“ „Und Flugzeuge mit Bomben schickten und Gewehre auch“, ergänzt er.

Zwei Häuser weiter finden wir einen Spielplatz in einer Baulücke. Nun sagt er zufrieden: „Hier war auch der Krieg, jetzt ist hier ein Spielplatz.“ GINA BUCHER