Eine erste Spur

BERLIN dpa/taz ■ Einen Tag nach dem Mord an Karen Fischer und Christian Struwe, zwei deutschen Journalisten, in der nordafghanischen Provinz Baghlan hat die Polizei eine Operation zur Festnahme mehrerer Verdächtiger begonnen. Das Innenministerium in Kabul teilte mit, ein Polizeiteam in Baghlan suche nach den möglichen Tätern. Provinzgouverneur Sayed Ekram Masumi sagte, fünf bis sechs Verdächtige seien identifiziert worden. Man sei „fast sicher“, dass sie die beiden Mitarbeiter der Deutschen Welle in der Nacht zu Samstag ermordet hätten. Masumi sagte, vor den Festnahmen könne er die Namen der Verdächtigen nicht bekanntgeben. Ein Sprecher des Innenministeriums schloss die Taliban als Täter aus. Die radikal-islamischen Rebellen seien in der Region um den Tatort nicht aktiv.

Fischer und Struwe waren am Sonntagmorgen im Distrikt Tala wa Barfak im Osten der Provinz Baghlan, weitab von der normalerweise von Reisenden genutzten Straße Kabul–Kundus, von Dorfbewohnern tot in ihrem Zelt gefunden worden. Der afghanischen Nachrichtenagentur Pajhwok zufolge, die einen Sprecher des Kabuler Innenministeriums zitierte, hatten die Einheimischen Schüsse gehört und waren zum Tatort geeilt.

Der Polizeichef von Baghlan, General Mohammed Azim Haschimi, berichtete, die Journalisten hätten bei einem Dorf namens Abi Tootak rund zwölf Meter neben der Hauptstraße nach Bamijan gezeltet. Es seien mehrere Schüsse auf ihre Opfer abgefeuert worden. Auch der Wagen der beiden Journalisten sei „von Kugeln durchsiebt“ gewesen.

Der Intendant der Deutschen Welle, Erik Bettermann, zeigte sich vom Tod der Mitarbeiter tief betroffen. Das Mitgefühl gelte den Angehörigen, den er „in diesen schweren Stunden Kraft“ wünschte. Nach Angaben des Senders waren Karen Fischer und Christian Struwe auf einer privaten Recherchereise unterwegs zu den historischen Stätten in Bamijan, wo die Taliban im März 2001 die weltberühmten Buddha-Figuren gesprengt hatten.

Ein Sprecher der internationalen Schutztruppe Isaf, Major Dominic White, sagte, die beiden Deutschen hätten bis Mittwoch voriger Woche „Arbeit im Zusammenhang mit der ISAF“ geleistet und seien dann auf eigene Faust durchs Land gezogen. Der Polizeichef Baghlans, General Mohammed Azim Haschimi, sagte, die beiden seien allein – ohne einheimischen Führer – unterwegs gewesen. Einen Raubüberfall schloss Haschimi aus. Kameras und weitere technische Ausrüstung seien am Tatort gefunden worden.

Intendant Bettermann nannte es tragisch, „dass Karen Fischer und Christian Struwe in dem Land sterben mussten, das sie in den vergangenen Jahren mit hohem persönlichem Einsatz unterstützt haben“. Fischer sei eine erfahrene Reporterin mit den Schwerpunkten Nahostkonflikt und Wiederaufbau Afghanistans gewesen. Struwe habe als Techniker an einem von der DW unterstützten Projekt zum Aufbau einer internationalen Nachrichtenredaktion beim staatlichen Sender Radio Television Afghanistan gearbeitet. THOMAS RUTTIG