Kein Platz für Philosophen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger will jährlich 150 Millionen Euro für 16.000 neue Studienplätze ausgeben. Den Bedarf soll die Wirtschaft vorgeben

STUTTGART taz ■ Mindestens 16.000 neue Plätze für Studienanfänger will Baden-Württemberg in den nächsten zehn Jahren schaffen. Dies sei, so Ministerpräsident Günther Oettinger, „eine große Herausforderung für die Politik“.

Zusammen mit seinem Wissenschaftsminister Peter Frankenberg hatte Oettinger gestern Mittag einen angenehmeren Auftritt als in den vergangenen Wochen. Es ging nicht um den umstrittenen Verkauf mittelalterlicher Handschriften, sondern um die Zukunft der Hochschulen im Südwesten. Gemeinsam legten beide zum Abschlusskongress „Hochschule 2012“ in Stuttgart den „Masterplan zum Ausbau der Hochschulen und Berufskademien“ vor. Die ersten 3.000 bis 4.000 Plätze sollen aus dem Doppelhaushalt 2007/08 finanziert werden. Die Landesregierung erwartet in den kommenden 10 Jahren eine Steigerung von heute rund 262.000 auf 325.000 Studierende. Für 2012 werde wegen der Verkürzung der Gymnasialzeit noch einmal mit einem zusätzlichen Anstieg gerechnet. Für Oettinger gibt es deshalb „trotz knapper Landesmittel“ keine Alternative zum Ausbau der Hochschulen.

Die Landesregierung setzt bei der stufenweisen Expansion auf die Mithilfe der heimischen Wirtschaft. Moderiert von den Industrie- und Handelskammern (IHK) gab es nach einem ersten Kongress im Februar seit Juni 2006 zwölf „Regionale Dialoge“, die den künftigen regionalen Bedarf an Arbeitskräften abschätzen sollten. Auf diese Weise soll sich laut Wissenschaftsminister Frankenberg der „Ausbau am Bedarf des Beschäftigungssystems orientieren“. Er sagte zu, dass das Land jährlich bis zu 150 Millionen Euro zur Verfügung stellen werde. Es bräuchte aber zusätzliche Mittel. Gedacht sei dabei „in erster Linie an Eigenbeiträge der Hochschulen und Berufsakademien“. Aber auch die Wirtschaft könne ihren Teil beitragen durch Stiftungsprofessuren oder „Beteiligungen an der Lehre“. Dazu müssten die gemeinsamen Gespräche aber „noch intensiviert werden“.

IHK-Präsident Till Casper sprach sich ebenfalls für mehr Studienplätze aus. Engpässe gebe es derzeit vor allem beim Nachwuchs an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, außerdem fehlten Wirtschaftswissenschaftler und -juristen. Oettinger betonte, dass er zur Finanzierung außerdem auch auf den zwischen Bund und Ländern diskutierten „Hochschulpakt 2020“ setze. Dessen Eckpunkte sollen, so Oettinger, im Dezember „von den Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundeskanzlerin beschlossen werden“.

Der 45 Seiten lange Masterplan listet den Bestand und den prognostizierten Bedarf neuer Studienplätze und neuer Studiengänge in Baden-Württemberg auf. Laut den Autoren ist er „nur das Ergebnis einer ersten Sichtung“. HEIDE PLATEN